Berlins U-Bahnstrecken


Die Linie U1 der Berliner U-Bahn ist ist auf ihrem östlichen Abschnitt die älteste Hochbahn Berlins. Sie hat 13 Stationen und fährt auf 8,8 km in Ost-West-Richtung, verbindet hierbei Friedrichshain und Kreuzberg mit der Gegend um den Zoo und dem Kurfürstendamm.


Die Entlastungsstrecke
Gleisdreieck - Wittenbergplatz



Diese Strecke wurde am 24.Oktober 1926 eröffnet. Mit dem Bau wurde um 1915 begonnen, jedoch ruhte der Bau einige Jahre. So liegt nach derzeitigem Erkenntnisstand die Vermutung nahe, dass der Rohbau dieser Strecke bereits um 1917 abgeschlossen war, der technische Ausbau und die bauliche Komplettierung dagegen um 1925/26 stattfand.

Die Entlastungsstrecke verbindet die Östliche Stammstrecke mit dem Bahnhof Wittenbergplatz und den westlich anschließenden Strecken. Außerdem wurde die Schöneberger U-Bahnstrecke mit angebunden, sie war bis zur Fertigstellung dieser Strecke gleistechnisch völlig unabhängig. Die Bezeichnung "Entlastungsstrecke" entstand durch den Umstand, dass diese Strecke den Bereich Gleisdreieck-Wittenbergplatz der Westlichen Stammstrecke "entlastet". Sie verläuft im Grunde genommen völlig parallel.

Linienmäßig wurden die Strecken am 24. Oktober 1926 wie folgt
durchgebunden:
1: Warschauer Brücke - Hallesches Tor - Gleisdreieck -
Nollendorfplatz - Wittenbergplatz - Uhlandstraße
2: Warschauer Brücke - Hallesches Tor - Gleisdreieck -
Nollendorfplatz - Bayerischer Platz - Hauptstraße

Die Bahnhöfe:

 U-Bhf Gleisdreieck 

Im Zusammenhang mit den Bauten der ersten Hochbahnstrecken entstand im Zentrum des Streckennetzes das so genannte Gleisdreieck. Diese dreieckige Gleisanlage gestattete einen freizügigen Zugverkehr in alle erdenklichen Richtungen. Negativ dagegen fiel auf, dass eine maximale Zugdichte von fünf Minuten vorgegeben war. Hinzu kam die unübersichtliche und dazu schwer einsehbare Konstruktion der Anlage.

Am 26.September 1908 kam es aufgrund dieser Voraussetzungen zu einem folgenschweren Unfall: Zwei Züge näherten sich dieser Anlage und sollten Richtung Warschauer Brücke fahren. Einer der Züge hatte Verfrühung und hätte vor der Anlage am HALT-zeigenden Signal warten müssen. Aus schwer nachvollziehbaren Gründen übersahen sowohl der Zugführer als auch der Begleiter das rote Signal und der Zug fuhr in die Anlage ein. Einzig der Stellwerk-Bedienstete konnte das Unheil kommen sehen aber nichts dagegen unternehmen, da die Züge damals weder über Funk noch über eine Zwangsbremsanlage verfügten. Der verfrühte Zug fuhr dem planmäßigen Zug in die Flanke und drückte die ersten beiden Wagen aus den Schienen. Ein Wagen stürzte hierbei vom Viadukt in die Tiefe. Durch diesen Zwischenfall kamen 21 Personen ums Leben.

Für die Stadt war dies Anlass genug, die Hochbahngesellschaft zu einem Umbau der Anlage zu zwingen. Dieser Umbau fand unter laufendem Betrieb seit Sommer 1912 statt.

Die Gleisverzweigungen wurden aufgehoben und gleichzeitig wurde ein Bahnhof eingefügt, der nach Plänen von Sepp Kaiser entstand.
Am 3. November 1912 konnte der Bahnhof, der damals noch eine Baustelle war, in Betrieb genommen werden. Endgültig wurde der Bau im August 1913 fertig gestellt. 

Der Bahnhof -eine stählerne Hallenkonstruktion- ruht auf einem Fundament vieler steinerner Viaduktbögen, die noch aus der Zeit von 1899 bis 1902 stammen. In der unteren Ebene, die über einen Zugang verfügt, halten die Züge von Spittelmarkt nach Wilhelmplatz und zurück (heute U2); im oberen Bahnhofsbereich dagegen halten die Züge von und nach Warschauer Brücke (heute U1). Die beiden Ebenen sind über ein Treppenkreuz miteinander verbunden. Betrieblich wurde damals die Strecke zur Warschauer Brücke unabhängig betrieben, dennoch waren bis vor wenigen Jahren am Gleisdreieck Gleisverbindungen vorhanden, um U-Bahnwagen austauschen zu können. Die Räumlichkeiten unterhalb des Bahnhofes werden für innerbetriebliche Zwecke der U-Bahn als Werkstätten genutzt.

Der Bahnhof war schon zwei Jahre in Betrieb, als 1915 mit dem Bau der Entlastungsstrecke ab dem oberen Bahnsteig begonnen wurde. Erst seit 1926 ist diese Bahnhofsebene kein Endbahnhof mehr, die Züge können Richtung Nollendorfplatz weiterfahren.

Während der obere Bahnsteig stets in Betrieb blieb, ruhte der Verkehr auf dem unteren Bahnsteig über 20 Jahre: Nach dem Mauerbau im Jahre 1961 war hier Richtung Potsdamer Platz Endstation der U2. Mit dem Mauerbau fielen die meisten Umsteiger in diesem Bahnhof weg, denn der Bahnhof war in aller erster Linie ein Umsteigebahnhof. Daher führte der Bahnhof Gleisdreieck seit 1961 nur noch ein Schattendasein. Dies führte dann am Sylvesterabend 1971 dazu, dass auch die kurze Parallelstrecke der Linie 2 (westliche Stammstrecke) bis zum Wittenbergplatz stillgelegt wurde. Seither stieg hier wirklich kam noch jemand aus. Dennoch blieb der untere Bahnsteig stets geöffnet, denn dieser Bahnsteig verfügte über den einzigen Zugang zum Bahnhof.

Zwischenzeitlich begann die Odyssee mit U-Bahn-Versuchsbetrieben auf jenen Gleisen und schließlich der Bau und Betrieb der "M-Bahn", einer vollautomatischen Magnetbahn. Jene Bahn nahm im Juli 1991 den regulären und endgeltpflichtigen Zugbetrieb zum Kemperplatz auf, wurde aber 14 Tage später wieder stillgelegt. Der Grund war, dass Berlin mittlerweile wieder eine vereinigte Stadt war und daher die alte U-Bahnverbindung zum Potsdamer Platz benötigt wurde. Am 13. November 1993 wurde der Zugbetrieb auf dem unteren Bahnsteig (als U2) wieder aufgenommen.


U-Bhf. Gleisdreieck, unterer Bahnsteig der heutigen U2
Zustand um 1982, bevor die M-Bahn gebaut wurde.


U-Bhf. Gleisdreieck, Gesamtansicht um 1927


U-Bhf. Gleisdreieck, um 1930


U-Bhf. Gleisdreieck, oberer Bahnsteig der U1
Bild: www.untergrundbahn.de


U-Bhf. Gleisdreieck, unterer Bahnsteig (U2)


U-Bhf. Gleisdreieck, Blickrichtung Norden ohne Zugverkehr wegen Bauarbeiten


U-Bhf. Gleisdreieck, Zugang an der Luckenwalder Straße

Beitrag zum alten Gleisdreieck vor 1912

Weiterfahrt auf der Östlichen Stammstrecke
Übergang zur Westlichen Stammstrecke

Hinter dem Bahnhof Gleisdreieck überquert die Hochbahn die ehemaligen Trassen der Potsdamer Eisenbahn, wobei das mittig angeordnete Kehrgleis waagerecht liegt, während die Betriebsgleise bereits abfallen. Die Betriebsgleise verschwinden unmittelbar hinter der Eisenbahn-Überquerung in einer Kastenbrücke, und überqueren hierbei die ehemalige Dennewitzstraße bereits im Tunnel. In den Hinterhöfen zwischen den Häusern der angrenzenden Straßen senkt sich die hoch liegende Tunneltrasse weiterhin ab, bis sie schließlich noch vor der Potsdamer Straße in einer S-Kurve unter die Kurfürstenstraße einschwenkt. Zwischen den Bahnhöfen Gleisdreieck und Kurfürstenstraße befindet sich ein Höhenunterschied von 19 Metern!

 U-Bhf Kurfürstenstraße 

Unterpflasterbahnhof mit Mittelbahnsteig und vorgelagerten Vorhallen. Der Bahnhof erhielt eine gelbe Fliesenverkleidung. Die Entwürfe für diesen Bahnhof stammen von Alfred Grenander. 

Um 1987 wurde die alte Fliesenverkleidung leider entfernt und durch eine neue Verkleidung in verschiedenen Pastellfarben ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt machte sich die BVG noch keine Gedanken, dass sie hier ein erhaltenswertes Verkehrsbauwerk rücksichtslos zerstörte.


U-Bhf. Kurfürstenstraße
Bild: www.untergrundbahn.de

 

 U-Bhf Nollendorfplatz 

Ein bemerkenswerter Bahnhof: Er bestand zuvor aus dem Hochbahnhof, der 1902 eröffnet wurde. 1910 kam der "Schöneberger Bahnhof" hinzu, beide Bahnhöfe waren durch einen halb unterirdischen Gang verbunden. Auf diese Bahnhofsbestandteile wird an anderem Ort eingegangen. (Siehe U4)

Neu ist ein Bahnhofsteil mit zwei übereinander liegenden aber leicht verschobenen Mittelbahnsteigen. Dieser Bahnhofsteil liegt unter der heutigen Else-Lasker-Schüler-Straße (Mackensenstr.), die damals noch Bestandteil der Motzstraße war. 

Im unteren Bahnsteig halten die Züge Richtung Westen, also mit Fahrtziel Uhlandstraße und Hauptstraße. Im oberen Bahnsteig dagegen halten die Züge der Gegenrichtung, also zur Warschauer Brücke. Zwischen den beiden Bahnsteigebenen vermitteln Treppen. Vom westlichen Ende des oberen Bahnsteiges gelangt man in die völlig neugebaute Vorhalle des Hochbahnhofes, von der man die beiden Seitenbahnsteige der Hochbahn (Richtung Nordring und Wilhelmpl./Thielplatz) erreichen kann. Der Vorhalle angegliedert ist eine Gedächtnishalle zum Gedenken der 1914-18 gefallenen Bediensteten der Hochbahngesellschaft. 

Die Wände in den beiden Bahnsteighallen sind mit Grau/violett verlaufenden Fliesen verkleidet, die Stützen dagegen wurden in einem leuchtenden Gelb gehalten. Die originale Beleuchtungsanlage ist leider nicht mehr vorhanden: Sie beleuchtete die Bahnsteighallen in Form von nicht sichtbaren Lichtbändern indirekt aus. Das war ein Novum und gab diesem Bahnhof mit einer quasi schwebenden Hallendecke eine ganz eigene Note! 

1997/98 wurde der Bahnhof vollständig modernisiert. Er erhielt unter anderem eine neue Fliesenverkleidung in den Bahnsteighallen, wobei man versucht war, sich am Original zu orientieren. Dies aber gelang nur recht mangelhaft. Die neuen Fliesen (leider ohne Farbverlauf!) wurden auf einem Unterträger befestigt. Leider aber versäumte man, die original erhaltenen Stationsschilder-Fliesen ebenfalls auf den Unterträger zu setzen, wodurch sie heute erheblich in die Wand hineinversetzt wirken und die aufgesetzt wirkenden neuen Fliesen sehr klobig wirken. Hier ist, wie schon am Hermannplatz, ungewollt ein architekturhistorisch wertvolles Gebäude zerstört worden!

Das Richtung Schöneberg führende Gleis im untersten Bahnsteig wurde erst 1971 angelegt. Zuvor war dieses Gleisbett immer leer. 1940 wurde in diesem Gleisbereich ein Schutzraum eingebaut, weshalb die gesamte östliche Bahnsteighälfte hinter einer Wand verborgen war. Erst mit dem Einbau des Gleises um 1970/71 wurde dieser Bereich nutzbar gemacht und der bestehende Bunker beseitigt.

1971 wurde die gesamte Gleisanlage völlig umgebaut: Bis dahin konnten Schöneberger Züge theoretisch Richtung Warschauer Brücke/Gleisdreieck (oben) weiter fahren. Dies geht seither nicht mehr, dafür können Einsatzzüge der Linie 1 in diesem Bahnhof enden, wie dies seit 2004 mit der Linie U3 der Fall ist. Nördlich des Nollendorfplatzes unter der Genthiner Straße entstand hierzu ein Abstelltunnel, der bis zum Magdeburger Platz reicht. Dort können auch Züge der Linie 4 abgestellt werden.

Auffallend in der "mittleren" Bahnsteighalle, also dem oberen Tunnelbahnsteig, sind die weit hinter dem Gleis zurückweichenden Tunnelwände. Als flüchtiger Betrachter könnte man annehmen, dass hier weitere Tunnelstutzen vorgesehen waren. Das aber war niemals der Fall. Viel mehr sind diese Wandnischen konstruktiv bedingt: Diese zurückweichenden Wände stützen sich exakt auf den darunter liegenden Tunnelwänden der untersten Tunnelebene. Hierbei muss man bedenken, dass Tunnelwände aufgrund ihrer Dicke ein enormes Gewicht haben und sie zusätzlich das rückwärtige Erdreich stützen sollen. So wäre es unsinnig und statisch auch bedenklich, die Wände stur den Erfordernissen der Räumlichkeiten entsprechend zu gestalten. So erklären sich die unregelmäßigen Abstände der Wände zu den Gleisen. 

Nach neuesten Erkenntnissen wurde der gesamte unterirdische Bahnhofsbereich unter dem Nollendorfplatz nicht erst in den 20er Jahren erstellt, sondern war bereits um 1917 baulich komplett fertig gestellt. Dies belegen zeitgenössische Fotographien.

Freilich dürfte es sich damals nur um einen Rohbau gehandelt haben. Der Endausbau und auch der Bau der oberirdischen Vorhalle dagegen fand erst zwischen 1925 und 1926 statt.

Nach Planungsunterlagen aus der Zeit um 1910 war der Bau einer oberirdischen Empfangshalle auch nicht vorgesehen. Damals, so die Planung, sollte der Hochbahnhof unverändert bleiben und lediglich neben den Hochbahn-Zugängen ein Treppenabgang zum Tunnelbahnsteig gebaut werden. Abgesehen von der oberirdischen Vorhalle ist der Bahnhof entsprechend den Plänen von 1910 exakt ausgeführt worden. Selbst die Einfädelung der Schöneberger Strecke, die zwischen 1908 und 1910 entstand, wurde nicht dem Zufall überlassen und konstruktionstechnisch auf die spätere Einbindung vorbereitet

Der "Schöneberger Bahnhof" von 1910 wurde mit Eröffnung des neuen U-Bahnhofes unter dem Nollendorfplatz im Jahre 1926 stillgelegt.


U-Bhf. Nollendorfplatz, Schnittbild von 1926


U-Bhf. Nollendorfplatz, oberer Tunnelbahnsteig
Bild: www.untergrundbahn.de

Übergang zur Schöneberger Untergrundbahn

 

 U-Bhf Wittenbergplatz 

In diesem Bahnhof brauchten die Gleise der Entlastungsstrecke nur eingefädelt werden. Der südliche Seitenbahnsteig war bis dahin nicht im Betrieb, er wurde nun benötigt für die Züge von Uhlandstraße nach Warschauer Brücke.

Weiterfahrt auf der Kurfürstendamm-U-Bahn
Übergang zur Wilmersdorfer Untergrundbahn
Übergang zur Westlichen Stammstrecke

Nach 1928 fuhren auf der Entlastungslinie die Linien B I und B II. Nach 1966 fuhr hier die Linie 1, seit 1984 U1, zusätzlich seit 1993 die U15 und U12. 2003 wurde die U1 bis Nollendorfplatz zurückgezogen und nutzt seither nur noch bis Wittenbergplatz die Gleise der U15, die seither vollwertig zur Warschauer Straße weiter fuhr. Auch dies hat sich geändert: 2004 wurde die U1 in U3 umbenannt und die U15 wurde zur U1.

Kurios ist, dass die Züge der Linie A I von 21. Oktober 1945 bis zum 15. September 1946 über Kurfürstenstraße bis zum Gleisdreieck fuhren, somit über die Entlastungsstrecke. Dies ist in sofern bemerkenswert, weil sonst niemals Züge mit Fahrtziel Ruhleben über Kurfüstenstraße fuhren! 
(nachzulesen in der
Chronik in den entsprechenden Jahren)


Streckendaten lt. BVG-Bauabteilung Erklärung

Möckernbrücke  
  588 m
Gleisdreieck Go 3,2 +54
  885 m
Kurfürstenstraße Kus 2,2 +31
  520 m
Nollendorfplatz Nm / Nu 1,7 +11
  826 m
Wittenbergplatz Wt 0,8 +84
  791 m
Kurfürstendamm  

Tunnelmund Gleisdreieck 2,8 +64
unterer Rampenbeginn Kus - Go 2,5 +24

Bezeichnung: Strecke B
Gebaut: 1915 - 26

Gesamtlänge der Strecke Gleisdreieck - Wittenbergplatz: 2,231 km


Warschauer Straße - Uhlandstraße
Nollendorfplatz - Krumme Lanke 

Weitere Abschnitte dieser Linien:

U1 Östliche Stammstrecke - Entlastungslinie - Kurfürstendamm-U-Bahn
U3: Entlastungslinie - Wilmersdorfer U-Bahn - Dahlemer Schnellbahn - Zehlendorfer Strecke

 


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