Ein besonderer U-Bahn-Wagen
Der Wagen 515

Wagen 515 abgestellt in der Kehranlage Spichernstraße

Wagen 515: Hier abgestellt in der Kehranlage Spichernstraße (Foto: D. Jentzsch)

Vorab

Vor einigen Jahren kam ich in den Besitz einiger höchst seltener Bilder. Der Bild-Autor, Herr D. Jentzsch, erklärte, dass die Bilder an dieser Stelle veröffentlicht werden dürfen. Herzlichen Dank an dieser Stelle auch an die Berliner Verkehrsseiten (BVS).

Mit dem Wagen 515 haben wir es mit einem höchst bemerkenswerten U-Bahnwagen zu tun. Nun könnte man annehmen, dass es sich hier um einen A-II-Wagen handelt, doch weit gefehlt. Die Spuren dieses Wagens lassen sich wesentlich weiter zurückverfolgen.

Die Geschichte des Wagens 515

Der Beiwagen 515 wurde im Auftrage der Berliner Hochbahngesellschaft beschafft. Gebaut wurde er bei der Düsseldorfer Gesellschaft für Eisenbahnbedarf. Er hatte damals die Ordnungsnummer 209 (oder 215, andere Quelle) und war ein Serienwagen der 1. Lieferung, II. Klasse. In diesem Zustand war der Wagen viele Jahre auf dem Streckennetz im Einsatz. wurden aufgrund des für die Triebwagen engen Nummernschemas neue Nummern für die Beiwagen eingeführt und alle Beiwagen neu nummeriert. Aus den 200er und 300er-Wagen wurden 500er. Daher erhielt der Wagen 209 die Nummer 515. Bisher konnte nicht geklärt werden, ob dieser Wagen (im Originalzustand) auch auf den Großprofillinien zum Einsatz kam. Den Wagennummern nach zu urteilen müsste dieser Wagen ab auf der Linie C zum Einsatz gekommen sein. Wie dem auch immer sei: erfolgte ein völliger Umbau des Wagens in Grunewald: Er wurde optisch den A-II-Wagen angepasst und galt nun als Wagen der "21. Lieferung". Genauso wie auch der Beiwagen 207, später 867.

Da zumindest der Wagen 515 über Hochbahn-Spannpuffer-Kupplungen mit separater Stromdose verfügte, konnte dieser Wagen niemals mit echten A-II-Zügen im Verband laufen, sondern nur mit A-I-Wagen. Sie wiesen noch eine Besonderheit auf, die sie zu Einzelstücken machten: Sie hatten Quersitze, wie die Hamburger Hochbahn. In dieser Form (mit der obligaten "Chlorodont-Werbung") kam der Wagen in den Folgejahren zum Linieneinsatz, während seine Altersgenossen ab ausgemustert und verschrottet wurden. Somit galt dieser Wagen zusammen mit Wagen 867 ab als ältester U-Bahnwagen Berlins! Den Zweiten Weltkrieg hat der Wagen 867 nicht überlebt, er wurde am zerstört. An dem Tag gab es in Folge eines Angriffs schwere Verwüstungen in der Betriebswerkstatt und Wagenhalle Warschauer Brücke. Vermutlich war er dort abgestellt.

Der Wagen 515 dagegen überstand den Krieg unbeschadet und war in den Folgejahren noch im Einsatz, nach für die BVG-West. Am lief der Werbevertrag mit den Dresdener Lingnerwerken (Chlorodont-Zahnpasta) aus. Da die Werbung auflackiert war, wurde eine Neulackierung erforderlich, obwohl dieser erst drei Jahre alt war. Vermutlich wurde in jener Zeit beschlossen, diesen betagten Sonderling zurückzustellen. Der Wagen war in den Folgejahren in der BW Grunewald abgestellt. Später, als Platz in Grunewald benötigt wurde, stellte man den Wagen in der Abstellhalle Krumme Lanke unter. Wieder einige Jahre später fand der Wagen in der Kehranlage Spichernstraße Asyl, bevor er wieder in Grunewald abgestellt wurde. In Grunewald stand er dann seit dem zunächst einige Jahre in einer Halle und die letzten Jahre dann auf einem Kehrgleis in der Nähe des Tunnelmundes unter freiem Himmel. Er trug in jener Zeit Kreidehinweise "Kein Schrottwagen!". Man dachte damals noch an eine museale Aufarbeitung, doch die wurde später verworfen, da dieser Wagen nicht "typisch" für die Berliner U-Bahn war, aufgrund seiner ungewöhnlichen Sitzanordnungen.

Im schließlich wurde er ausgemustert und kurz darauf nach Ferchland transportiert. Dort wurde dieser bemerkenswerte Einzelgänger im zerlegt.

Eigentlich sehr schade, dass diese Lebensgeschichte kein Happy-End hat...

Letzte Bilder vom 4. Dezember 1980

Hier noch ein paar letzte Bilder, sie entstanden am an der Spichernstraße.

Das Innere des Wagens 515 mit Quersitzen

Das Innere des Wagens 515 (alle Fotos: D. Jentzsch)
Aufgenommen:

Innenansicht Wagen 515 - Detail der Sitzanordnung

Innenansicht Wagen 515 - Längsansicht

Innenansicht Wagen 515 - Türbereich

Innenansicht Wagen 515 - Gangbereich

Innenansicht Wagen 515 - Sitzbereich Detail

Innenansicht Wagen 515 - Fensterbereich

Innenansicht Wagen 515 - Wagenende

Der Transport am 5. Dezember 1980

Der Transport des Wagens 515 am
von der Spichernstraße zur BW Grunewald

Der Wagen 515 wurde in einen 3-Wagenzug eingebunden und mittig in die BW Grunewald transportiert. Die Triebwagen waren die Wagen 375 und 410, beides A2-Wagen. Sie wurden knapp ein Jahr später ausgemustert.

Zug mit Wagen 515 abfahrbereit in der Kehranlage Spichernstraße
Zug abfahrbereit in der Kehranlage Spichernstraße
Man beachte die Ausschilderung mit Ziel "Spittelmarkt"!

Wagen 515 während des Transports am U-Bhf Augsburger Straße
Kurzer Zwischenstopp auf dem U-Bhf Augsburger Straße

Wagen 515 mit Chlorodont-Lackwerbung
...damals wurde Werbung noch auflackiert

Wagen 515 in der BW Grunewald angekommen

Neulack: , Letzte HU: (alle Fotos: D. Jentzsch)
Aufgenommen in Grunewald