Bahnhofsnamen
die nie existierten
Im Laufe der über 100-jährigen Geschichte der Berliner U-Bahn gab es hin und wieder auch den Fall, dass ein U-Bahnhof umbenannt werden sollte, oder dieses zumindest abzusehen war, die Umbenennung aber letztlich aus den verschiedensten Gründen unterblieb. Hier werden einige Fälle vorgestellt:
Frankfurter Tor
Absurd war die Situation auf diesem U5-Bahnhof im Frühsommer :
Unter den Bahnhofsschildern "Rathaus Friedrichshain", so hieß der Bahnhof damals, klebte jeweils ein großer Aufkleber mit der Aufschrift "Frankfurter Tor", allerdings rot durchgestrichen. Darunter in kleinerer Schrift: "Ab 1. 9. 96: Petersburger Straße".
Der Hintergrund: Das Friedrichshainer Bezirksamt als seinerzeitiger Namensgeber dieses Bahnhofs war umgezogen. Nun beschloss die Bezirksverordnetenversammlung Anfang , dass der Bahnhof seinen bis gültigen Namen zurückerhalten soll. Es wurden Netzpläne mit "Frankfurter Tor" gedruckt und publiziert. Wenige Tage vor der Umbenennung zum verfügte die Senatsverkehrsverwaltung, dass der alte Name bestehen bleibt und zum in Petersburger Straße geändert wird, ein Name, der hier auch schon mal gültig war. Übrigens erhielt der Bahnhof einige Zeit später den Namen, den er heute trägt: Frankfurter Tor.
Zu kompliziert?
Die interessante Namenschronik dieses Bahnhofs:
Eröffnet mit dem Namen "Petersburger Straße", umbenannt in "Bersarinstraße", ab mit dem Zusatz "(Frankfurter Tor)" versehen. Im wurde "Frankfurter Tor" der alleinige Name und blieb es bis . Dann wurde daraus das "Rathaus Friedrichshain". Im erhielt der Name "Petersburger Straße" Gültigkeit und wurde vom "Frankfurter Tor" wieder abgelöst. Derzeit ist also der achte Name gültig, das ist absoluter Rekord bei der Berliner U-Bahn.
Brixplatz
Dieser U-Bahnhof wurde niemals umbenannt und heißt seit seiner Eröffnung Sophie-Charlotte-Platz. Der Platz selber sollte nach Brixplatz heißen, doch wurde diese Umbenennung nie ausgeführt. In Westend gab und gibt es einen Brixplatz, er sollte seinerzeit in Sachsenplatz umbenannt werden.
Neanderstraße
Einen U-Bahnhof diesen Namens gab es bis auf der Linie D. Hier aber ist der Bahnhof Prinzenstraße gemeint. Nach einem Stadtplan von sollte die Prinzenstraße in Neanderstraße umbenannt werden, als Kreuzberger Fortsetzung der Neanderstraße in Mitte. Dies hätte sicher zur Konsequenz geführt, dass auch der U-Bahnhof Prinzenstraße hätte umbenannt werden müssen. Es ist also denkbar, dass der U-Bahnhof dann "Gitschiner Straße" geheißen hätte.
Willi-Jahn-Straße
In eben diesem Stadtplan von gibt es eine Willi-Jahn-Straße. Sie allerdings existierte im Stadtbild Berlins zu keiner Zeit. Stattdessen stand auf den Straßenschildern "Seestraße". Wäre diese Umbenennung rechtskräftig geworden, hätte die BVG den Endbahnhof der Linie C wohl auch umbenennen müssen.
Andréstraße
Diese kleine Straße hat mit diesem Namen niemals existiert. Sie gab es ebenfalls nur in einem Stadtplan von . Der U-Bahnhof Schwartzkopffstraße erhielt stattdessen einen ganz anderen Namen: Walter-Ulbricht-Stadion.
Franz-Werfel-Straße
sollte die bisherige Paradestraße diesen Namen erhalten. Der Plan wurde später zu den Akten gelegt. Die Umbenennung des U-Bahnhofs wäre konsequent gewesen, erfolgte letztlich aber nicht.
Mussoliniplatz
Nach war beabsichtigt, auf dem damaligen Adolf-Hitler-Platz ein Mussolini-Denkmal zu erstellen. Der Platz selber sollte aus diesem Anlass ebenfalls umbenannt werden. Dies wäre sicher auch mit dem U-Bahnhof passiert. Nicht, dass es dann keinen Adolf-Hitler-Platz mehr in Berlin gegeben hätte: Der heutige Platz der Republik, damals hieß er Königsplatz, sollte nach Fertigstellung der neuen Neuen Reichskanzlei gegenüber des Reichstags umbenannt werden. Jedenfalls blieb der Führername bis zum Zusammenbruch im Stadtbild Charlottenburgs bestehen, und der Platz wurde magistratsintern in Reichskanzlerplatz zurückbenannt. Die alten Schilder "Adolf-Hitler-Platz" freilich waren bereits im abmontiert worden. Heute ist dies der Theodor-Heuss-Platz.
Wie kam es vor allem im Jahre zu diesen sonderbaren Namen?
. Berlin lag in Trümmern. Mit dem Wiederaufbau begann auch die Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse in der ehemaligen Reichshauptstadt. Zur Bewältigung der Vergangenheit gehört auch der Wunsch nach Umbenennung von Straßen, deren Namen an nunmehr ruhmlose Epochen erinnern: Monarchismus, Militarismus und vor allem Faschismus. Vorschläge aus allen Bezirken wurden in einer Magistratskommission gesammelt. In zwei Wellen sollten dann die Umbenennungen von fast 2000 Straßen, Brücken und Plätzen erfolgen. Ein Berliner Landkartenverlag hat sogar einen Stadtplan von Berlin herausgebracht, wo diese Vorschläge, in Klammern gesetzt, schon berücksichtigt wurden. Im Sommer wurden dann tatsächlich viele (zum Teil längst überfällige) Umbenennungen wirksam. Vielerorts wurden diese Vorschläge sogar angenommen, andere dagegen nicht, und wieder andere wurden zusätzlich durchgeführt. Es gab sogar Fälle, wo eine bereits erfolgte inoffizielle Namensänderung nochmals geändert wurde.
Für Interessierte:
Dieser sehr interessante Stadtplan ist vor einigen Jahren als Nachdruck erschienen:
Schwarz STADTPLAN VON BERLIN 1:25.000, erschienen
Der Nachdruck ist zu beziehen über:
Berliner Geschichtswerkstatt e.V.Goltzstraße 49
10781 Berlin
Telefon: 030/ 215 44 50