Berlins U-Bahnlinien
Alt Tegel - Alt Mariendorf


Die Linie U6 verbindet in Nord-Süd-Richtung Tegel mit Mariendorf, berührt hierbei den Wedding, das Östliche Zentrum an der Friedrichstraße, Kreuzberg und Tempelhof. Die Linie ist 20 Kilometer lang und hat 29 Bahnhöfe. Sie war 1923 die erste Linie, die von der Stadt Berlin als so genannte Großprofillinie gebaut wurde.

Vor der Jahrhundertwende war die Stadt Berlin gegen den Bau von U-Bahnen, es gab dort die Ansicht, dass die Straßenbahnen durchaus in der Lage wären, das Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Bereits in den 1880er Jahren hatte Werner von Siemens der Stadt den Vorschlag unterbreitet, in der Friedrichstaße eine Hochbahn bauen zu wollen. Mit den abenteuerlichsten Gründen wurde dieser und andere Vorschläge abgelehnt. Siemens bekam letztlich die Baugenehmigung für eine Strecke an der damaligen Peripherie der Stadt, die Friedrichstraße aber blieb ohne Schnellbahnen. 

1902 passierte in der Stadtverwaltung etwas Sonderbares: Man plante den Bau einer U-Bahn in der Friedrichstraße. Nun war die inzwischen bestehende Hochbahn, sie wurde ja im selben Jahr eröffnet, durch ein privates Unternehmen entstanden, doch was die geplante Friedrichstraßen-U-Bahn betrifft, sollte diese Bahn von der Stadt selbst gebaut und betrieben werden. Außerdem war man man mittlerweile der Ansicht, dass eine U-Bahn nach Bauart der bestehenden Hochbahn nicht leistungsfähig genug wäre, denn man plante für die neue U-Bahn ein größeres Fahrzeugmaß. Zunächst sollte diese U-Bahn vom Weddingplatz durch die Innenstadt bis zum Halleschen Tor oder zur Kreuzung Mehringdamm/Gneisenaustraße geführt werden. Von dort aus war eine Erweiterung eventuell Richtung Neukölln, Tempelhof oder Schöneberg vorgesehen. Konkret wurden die U-Bahnpläne um 1910, als man mit Neukölln (hieß damals noch Rixdorf) einig wurde.

Am 2. Dezember 1912 wurde in der Friedrichstraße mit dem Bau begonnen. Zunächst ging der Bau schnell voran, man rechnete mit einer Betriebseröffnung bis 1917. Womit damals noch keiner rechnete, war der Erste Weltkrieg. Als der 1914 ausbrach, verlangsamte sich das Bautempo zunehmend: von den sieben Baulosen waren nur vier im Rohbau fertig, eines war noch nicht begonnen. In der Innenstadt klafften Baugruben. Gegen 1916 stand der Bau nahezu still, eine plangemäße Eröffnung im Folgejahr war ausgeschlossen!

Um 1920 gab es in der Stadtverwaltung Gedankengänge, die darauf gerichtet waren, die gesamte Baustelle mit Sand zu verfüllen, da an eine Fertigstellung nicht zu denken war. Die Baugruben behinderten den stärker werdenden Verkehr in der Innenstadt. Man stellte Kostenuntersuchungen an und kam zu dem Ergebnis, dass die Verfüllung mit Sand ebensolche Kosten verursachen würde, wie die bauliche Fertigstellung der U-Bahn. Aus dieser Überlegung heraus wurde beschlossen, trotz knapper Kassen den Bau zu vollenden. 1921 wurde der U-Bahnbau architektonisch stark vereinfacht wieder aufgenommen. 

Es war die Zeit der voranschreitenden Inflation und Geldmittel waren sehr knapp. So konnte zwar der Bau der U-Bahn finanziert werden, nicht aber die Beschaffung der Betriebsmittel. Es wurde eine Übereinkunft mit der Hochbahngesellschaft gefunden, dass diese die Betriebsmittel stellt, zugleich aber Betriebsführerin der neuen Nord-Süd-Bahn werden würde.


U-Bhf. Hallesches Tor


U-Bhf. Stadtmitte


U-Bhf. Friedrichstraße


U-Bhf. Oranienburger Tor

Im Januar 1923 konnte der Betrieb auf der ersten Teilstrecke aufgenommen werden. Diese Strecke reichte vom Halleschen Tor bis zum Stettiner Bahnhof, heute Zinnowitzer Straße. Erst im März 1923, als genügend umgebaute Kleinprofil-Fahrzeuge zur Verfügung standen, konnte der komplette Betrieb aufgenommen und somit die Reststrecke bis zur Seestraße eröffnet werden.


U-Bhf. Zinnowitzer Straße


U-Bhf. Schwartzkopffstraße

Im April 1924 wurde die südliche Verlängerung dieser Linie vom Halleschen Tor über Mehringdamm (damals Belle-Alliance-Straße) bis zur Gneisenaustraße (heute ein Bahnhof der U7) eröffnet werden. Im selben Jahr begann die Hochbahngesellschaft richtige Großprofilzüge zu beschaffen, also Fahrzeuge, die für diese Linie geeignet waren. Bis 1926 konnten die alten Kleinprofilwagen abgestellt werden.

Ebenfalls 1924 begann der Bau der Zweigstrecke Richtung Tempelhof. Diese Strecke wurde bis zum Bahnhof Platz der Luftbrücke (damals: Kreuzberg) im Februar 1926 eröffnet.


U-Bhf. Platz der Luftbrücke


U-Bhf. Tempelhof

Im September 1927 wurde die Tempelhofer Strecke um einen Bahnhof bis Paradestraße (damals Flughafen) erweitert und im Dezember 1929 schließlich wurde die Reststrecke bis zum Bahnhof Tempelhof fertig. 

Betrieben wurde die Nord-Süd-Bahn damals als Linie C: Die Züge der Linie C I fuhren von Seestraße nach Neukölln und die Züge der C II ab Stettiner Bahnhof nach Tempelhof. 
Der Neuköllner Zweig der Nord-Süd-Bahn wurde 1966 der U7 zugeordnet. Siehe dort!

1929 dachte man an einen stürmischen Weiterbau der U-Bahnstrecken, so wurde in der Müllerstraße hinter dem Endbahnhof Seestraße mit dem Weiterbau begonnen, doch noch im selben Jahr wurde der Bau wieder beendet, da die finanziellen Mittel aufgrund der Wirtschaftskrise für einen Weiterbau nicht ausreichten. Entstanden war der Tunnelrohbau bis in Höhe der Türkenstraße.
Ende der 30er Jahre gab es noch mal einen Anlauf, U-Bahnstrecken zu bauen: so entstand ein Tunnelfragment südlich des Endbahnhofes Tempelhof, doch auch hier wurde der Bau bald wieder eingestellt. 

Erhebliche Bombenschäden gab es im Zweiten Weltkrieg, zudem war ein Großteil der Linie überflutet. Erst Mitte September 1945 war die Linie wieder komplett befahrbar.
1949 wurde die Linie C zu einer Intersektorenlinie, da sie in der Innenstadt den Sowjetischen Sektor unterquerte: Bis 1961 wurde die Linie auch zur Flucht aus der DDR genutzt.

Anfang der 50er Jahre gab es im Westen Berlins Überlegungen, das U-Bahnnetz zu erweitern, dies sollte in einem Rahmenplan festgeschrieben werden, der 1955 als 200-Kilometerplan bekannt wurde. Im Oktober 1953 begannen auf der Linie C in der Müllerstraße die Bauarbeiten. Als erstes wurde eine Neubaustrecke bis zum Kurt-Schumacher-Platz ausgeführt, die im Mai 1956 als erste Nachkriegs-Neubaustrecke eröffnet werden konnte. 


U-Bhf. Afrikanische Straße

1955 begann der Bau einer zum Teil oberirdischen Strecke bis in das Zentrum von Tegel. Diese Strecke wurde im Mai 1958 eröffnet.


U-Bhf. Holzhauser Straße

Im Juni 1961 begann der Streckenbau Richtung Süden: ab Tempelhof ging es nun unter dem Tempelhofer und Mariendorfer Damm weiter. Diese Strecke wurde im März 1966 eröffnet. Diese Streckeneröffnung wurde dazu genutzt, das Berliner U-Bahnnetz neu zu ordnen: Die Züge der Linie C II (Tempelhof - Mehringdamm) fuhren nun als Linie 6 bezeichnet von Mariendorf bis nach Tegel durch. Die C I-Züge, die aus Neukölln kamen und bisher nach Tegel fuhren, fuhren nun über eine Neubaustrecke zur Möckernbrücke als Linie 7 bezeichnet.


U-Bhf. Alt-Mariendorf

Da die Linie 6 durch die Innenstadt fuhr, stand der U-Bahn ab 1961 nun die Mauer im Wege. Man fand die Lösung darin, dass die Züge ohne Zwischenhalt, also im Transit den Osten passieren konnten, die Bahnhöfe im Osten waren ohne Publikumsverkehr und daher außer Betrieb, nur am Bahnhof Friedrichstraße konnte gehalten werden. Dieser Bahnhof ein Grenzübergang geworden, wobei es möglich blieb, ohne weitere Kontrollen zu den S-Bahnen Richtung "Westberlin" umzusteigen. Nur das Verlassen des Bahnhofs war mit Kontrollen verbunden.


Heimlich gemachte Aufnahmen: Der Bahnhof Friedrichstraße als Grenzübergang

Nachdem die Mauer gefallen war, konnten die Transitbahnhöfe im Osten der Stadt im Sommer 1990 wieder eröffnet werden. Kontrollen fanden ab 1. Juli 1990 nicht mehr statt. 

Heute ist die Linie U6 eine stark frequentierte U-Bahnlinie, der man dank umfangreicher Bahnhofsrenovierungen die teilende Vergangenheit nicht mehr ansieht.


Alt-Mariendorf - Alt-Tegel

Ausführlichere Darstellungen zu dieser Linie:

U6: Mariendorfer Strecke - Tempelhofer Abzweig - Nord-Süd-Bahn - Müllerstraßen-U-Bahn - Tegeler Strecke

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Kurzchronik U6:

30. Januar 1923
Hallesches Tor - Zinnowitzer Straße (damals Stettiner Bahnhof)
8. März 1923
Zinnowitzer Straße - Seestraße
19. April 1924
Mehringdamm (damals Belle-Alliance-Straße) - Hallesches Tor
14. Februar 1926
Platz der Luftbrücke (damals Kreuzberg) - Mehringdamm
10. September 1927
Paradestraße (damals Flughafen) - Platz der Luftbrücke
22. Dezember 1929
Tempelhof - Paradestraße
Oktober 1953
Neubaubeginn nach dem WK II
3. Mai 1956
Seestraße - Kurt-Schumacher-Platz
30. Mai 1958
Kurt-Schumacher-Platz - Alt-Tegel (damals Tegel)
1960
Umbau Bahnhof Leopoldplatz
13. August 1961
Mauerbau; Schließung der Bahnhöfe:
Stadtmitte, Französische Straße, Oranienburger Tor, Zinnowitzer Straße, Schwartzkopffstraße
Friedrichstraße blieb als Grenzübergang offen
1964-67
Umbau Bahnhof Mehringdamm
28. Februar 1966
Alt-Mariendorf - Tempelhof
Einführung der Linienbezeichnung
6
1984
Linie 6 umbenannt in
U6
1. Juli 1990
Wiedereröffnung der seit 1961 geschlossenen Transitbahnhöfe
1992-96
Umbau fast aller 1923 eröffneter Bahnhöfe mit gleichzeitiger Bahnsteigverlängerung


Ausbaupläne der U6

Für die U6 gibt es keine Ausbaupläne. Diese Linie hat ihr Endausbaustadium erreicht. 

Im Zusammenhang mit dem Bau der U5 - wenn sie denn gebaut wird - würde unter der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße ein U5- und U6-Bahnhof entstehen. Dieser Bahnhof soll Seitenbahnsteige erhalten. Da der Stationsabstand zum Bahnhof Französische Straße sehr kurz wäre, wird überlegt, diesen Bahnhof nach Fertigstellung des Bahnhofs "Unter den Linden" stillzulegen.


Streckendaten der U6
Erklärung

Alt-Tegel Tg 94,0 +41
  922 m
Borsigwerke Bk 94,9 +63
  788 m
Holzhauser Straße Hh 95,7 +51
  698 m
Otisstraße OTI 96,4 +49
  824 m
Scharnweberstraße Scha 97,2 +73
  1053 m
Kurt-Schumacher-Platz Sch 98,3 +26
  631 m
Afrikanische Straße Afr 98,9 +57
  587 m
Rehberge Rb 99,5 +44
  1120 m
Seestraße Se 100,6 +64
  551
Leopoldplatz Lpo 101,2 +15
  545
Wedding We 101,7 +60
  480
Reinickendorfer Straße Ri 102,2 +40
  679
Schwartzkopffstraße SK 102,9 +19
  585
Zinnowitzer Straße ZW 103,5 +04
  763
Oranienburger Tor Ob 104,2 +67
  597
Friedrichstraße F 104,8 +64
  598
Französische Straße Fr 105,4 +62
  515
Stadtmitte Mic 105,9 +77
  471
Kochstraße Ks 106,4 +48
  787
Hallesches Tor Hu 107,2 +35
  551
Mehringdamm Me 107,7 +86
  992 m
Platz der Luftbrücke Pl 108,7 +78
  852 m
Paradestraße Ps 109,6 +30
  951 m
Tempelhof (Südring) Ts 110,5 +81
  489 m
Alt-Tempelhof At 111,0 +70
  591 m
Kaiserin-Augusta-Straße Ka 111,6 +61
  969 m
Ullsteinstraße Ull 112,3 +57
  846 m
Westphalweg Wl 113,2 +03
  726 m
Alt-Mariendorf Mf 113,9 +29

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