Berlins U-Bahnlinien
Nollendorfplatz - Innsbrucker Platz


Die Linie U4 ist heute die kürzeste U-Bahnlinie und führt vom Nollendorfplatz bis zum Innsbrucker Platz. Somit ist dies eine reine Schöneberger U-Bahnlinie geblieben, die seit 1910 nie verlängert wurde. Die U4 ist eine Kleinprofil-Linie.

Zu den einzelnen Bahnhöfen der U4


U-Bhf. Viktoria-Luise-Platz, neuer Zugang von 2003

Um die Jahrhundertwende befasste sich die Stadt Schöneberg mit der Erschließung des so genannten Westgeländes, eines Gebietes welches an der Wilmersdorfer Gemarkungsgrenze lag. Es war beabsichtigt, hier ein Wohngebiet für finanzkräftigere Bevölkerungsschichten zu schaffen. Ähnlich wie Wilmersdorf schloss man auch in Schöneberg eine umfassende Erschließung durch Straßenbahnen aus und beabsichtigte schon früh den Bau einer modernen Schnellbahn. Obwohl es Pläne einer Schwebebahn nach Wuppertaler Vorbild gab, sollte das neue Verkehrsmittel das Gebiet wirkungsvoll aber unauffällig erschließen. So kam eigentlich nur eine Untergrundbahn in Frage. Die Schöneberger Stadtverwaltung wandte sich an die Hochbahngesellschaft, aber dort winkte man ab, da man der Ansicht war, dass diese Schöneberger Linie nicht genug Profit abwerfen würde. Schöneberg aber war von der eigenen U-Bahnplanung derart überzeugt, dass man das Projekt notfalls sogar in Eigenregie bauen würde. Am Nollendorfplatz sollte die Bahn einen Anschluss an die Hochbahn erhalten und später durch das Tiergartenviertel bis in die Berliner Innenstadt weitergeführt werden. In Schöneberg war das Projekt nord-südlich ausgerichtet und sollte an der Ringbahn zunächst den Abschluss finden. Später war eine Erweiterung in das Südgelände vorgesehen, wo zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls ein Wohngebiet entstehen sollte.


U-Bhf. Rathaus Schöneberg, 1981

Im Jahre 1908 wurde mit dem Bau des ehrgeizigen Projektes begonnen. Zwischen dem Nollendorfplatz und dem Bayerischen Platz wurde die Bahn durch bereits bebaute Gebiete geführt, während südlich des Bayerischen Platzes die Trasse noch völlig frei war. Ein bautechnisches Problem gab es in diesem Bereich, denn es sollte der so genannte "Schwarze Graben" in Form einer moorigen Talsenke überwunden werden. Der Bau der U-Bahn wurde dazu genutzt, dieses Gelände zu modellieren und in eine Parklandschaft um zu gestalten: es entstand zusammen mit der U-Bahn der "Stadtpark", der heutige Rudolph-Wilde-Park. Die U-Bahn durchquert dieses Talgelände in einem gewissermaßen ebenerdigen Bahnhofsgebäude, welches tief gegründet werden musste. Es bot sich hier aber die einmalige Gelegenheit, das Bahnhofsgebäude architektonisch angemessen zu gestalten, da das Dach des Gebäudes als Straßenbrücke dienen kann. Die übrigen Bahnhöfe wurden in ihrer Lage so platziert, dass sie unter Schmuckplätzen gelegen sind und ihre Eingänge entsprechend gestaltet werden können. Das Innere der Bahnhöfe hingegen wurde nach einheitlichen Plänen gestaltet, es wurde nur die Farbe der Wandfliesen variiert.


U-Bhf. Bayerischer Platz, 1910

Da diese U-Bahnlinie vom Berliner Netz zunächst unabhängig sein würde, war es erforderlich die gesamte Infrastruktur ebenfalls zu erstellen und zu beschaffen: Am südlichen Ende der Linie entstand ein Kraftwerk zur Erzeugung des nötigen Bahnstroms und zusätzlich eine Betriebswerkstatt für die Wartung der Züge.

Am Nollendorfplatz hingegen wurde der Bahnhof relativ schlicht gestaltet, da dieser Bahnhof als Provisorium gedacht war. Es sollte zu späterer Zeit ein Gemeinschaftsbahnhof mit der Hochbahn entstehen.


U-Bhf. Nollendorfplatz, provisorischer Bahnhof um 1910

Am 1. Dezember 1910 konnte diese kleine U-Bahnlinie zwischen dem Nollendorfplatz und Innsbrucker Platz (damals Hauptstraße) ihren Betrieb aufnehmen. Sie war in den ersten Betriebsjahren tatsächlich vom Berliner Netz völlig unabhängig und ohne jede Gleis- und Tunnelverbindung. Allerdings wurde größter Wert darauf gelegt, dass die Strecke technisch zum Hochbahnnetz kompatibel war, so dass die Züge freizügig getauscht werden könnten. Eine Tarifgemeinschaft mit der Berliner U-Bahn aber wurde einen Tag vor der Eröffnung noch schnell vertraglich gesichert.


U-Bhf. Viktoria-Luise-Platz


U-Bhf. Bayerischer Platz


U-Bhf. Innsbrucker Platz

1915 endlich begann die Hochbahngesellschaft mit dem Bau des Gemeinschaftsbahnhofs am Nollendorfplatz: Neben der Führung der so genannten Entlastungslinie (heute U1) sollte hier auch die Schöneberger Untergrundbahn halten können. Es war technisch sogar möglich, dass die Schöneberger Linie anschließend in das Tiergartenviertel weiter geführt werden könnte. Allerdings machte der Erste Weltkrieg die Fertigstellung dieses Bahnhofs unmöglich, so dass die Fahrgäste am Nollendorfplatz über Jahre in einer Baustelle umsteigen mussten. Erst im Oktober 1926 konnte die Entlastungslinie eröffnet werden und erst dann wurden die Schöneberger Züge in diesen neuen Bahnhof eingefädelt, so dass der Bahnhof in der Motzstraße endlich stillgelegt werden konnte.


U-Bhf. Rathaus Schöneberg (damals: Stadtpark), 1910

Seither fuhren die Schöneberger Züge weiter über das Gleisdreieck und Kottbusser Tor zur Warschauer Brücke. Direktfahrten in die Berliner Innenstadt hingegen waren niemals möglich. Seit 1928 wird diese Linienverbindung als Linie B I bezeichnet. Sie hatte bis in den Zweiten Weltkrieg Bestand.

Seit 1950 wurde die Schöneberger Strecke auf sich selbst beschränkt und Durchfahrten Richtung Gleisdreieck unterlassen, obwohl dies technisch noch lange möglich war. Die Linie B I verkehrte also nur noch vom Innsbrucker Platz zum Nollendorfplatz. Daran hat sich bis heute nichts geändert, obwohl die Linie noch öfters die Bezeichnung geändert hat: Ab 1954: Linie B II, seit 1957: Linie B III, seit 1966: Linie 4, seit 1984: Linie U4.

Die kleine Betriebswerkstatt am Innsbrucker Platz wurde bereits um 1930 stillgelegt, da die Züge bequem am Olympiastadion gewartet werden konnten. Spätestens bis 1932 waren auch die Gleisverbindungen zur Werkstatt getrennt, so dass südlich der Endstation nur noch die Kehrgleisanlage zur Verfügung stand.

Nach dem Krieg gab es in West-Berlin umfangreiche Autobahnplanungen: Eine dieser Autobahnen sollte den Innsbrucker Platz unterqueren. Aus diesem Grunde musste die Kehrgleisanlage außer Betrieb gesetzt und teilweise abgerissen werden. Seit 1971 enden die Züge am Innsbrucker Platz am Bahnsteig. Auch zukünftig ist eine Weiterführung dieser Linie Richtung Süden nicht mehr möglich. Um für abzustellende Züge dieser Linie Ersatz zu schaffen, wurde nördlich des Nollendorfplatzes ein Kehrgleistunnel geschaffen und außerdem die Gleisanlagen völlig umgestaltet: Seither verfügt die Linie 4 dort über Abstellmöglichkeiten, andererseits sind eventuelle Linienfahrten Richtung Gleisdreieck nicht mehr möglich. Da es bereits seit 1955 keine konkreten Planungen einer U-Bahn in das Tiergartenviertel mehr gibt, ist die Linie U4 eine der wenigen Berliner U-Bahnlinien, die ihren Endausbauzustand erreicht haben. Erst seit jüngster Zeit gibt es Pläne, die U4 bis zum Magdeburger Platz zu verlängern, was technisch ohne weiteres möglich wäre.

Da die Linie U4 eine kurze und in sich abgeschlossene U-Bahnlinie ist, war sie auch immer wieder für technische Versuche gut: 1967 wurde auf der U4 erstmalig der Zugfunk eingeführt. In den 70er Jahren untersuchte die BVG zusammen mit der Firma Standard Elektronik Lorenz die Möglichkeit, einen automatischen U-Bahnbetrieb einzurichten. Das rechnergestützte Projekt namens SELTRAC wurde vom BMFT bezuschusst. Nach einem anfänglichen Versuch auf einer stillgelegten Hochbahnstrecke erfolgte ab 1981 der Feldversuch mit Fahrgästen unter Praxisbedingungen auf der Linie 4. Anfang der 90er Jahre wurde der Versuchsbetrieb eingestellt, seither ist die U4 wieder eine ganz normale U-Bahnlinie.


Nollendorfplatz - Innsbrucker Platz

Ausführlichere Darstellung zu dieser Linie:

U4: Die Schöneberger Untergrundbahn

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Kurzchronik U4:

September 1908
Baubeginn der heutigen U4 am Bayerischen Platz
1. Dezember 1910
Nollendorfplatz - Innsbrucker Platz
24. Oktober 1926
Stilllegung U-Bhf. Nollendorfplatz
24. Oktober 1926
Eröffnung des gleichnamigen Gemeinschaftsbahnhofs
Anbindung der Schöneberger U-Bahn an das übrige Berliner U-Bahnnetz.
1930
Schließung der linieneigenen Betriebswerkstatt
1950
Die Linie wird grundsätzlich nur noch zwischen Innsbrucker Platz und Nollendorfplatz betrieben
15. Mai 1951
Als letzter zerstörter Bahnhof der Berliner U-Bahn geht Stadtpark als Rathaus Schöneberg wieder in Betrieb.
1. März 1966
Linie B III wird in Linie 4 umbenannt
Juli 1971
Stilllegung der Kehrgleisanlage am Innsbrucker Platz
Sommer 1977
Wegen Renovierung ist die Linie 4 für ein halbes Jahr außer Betrieb.
1. Mai 1984
Linie 4 wird umbenannt in U4


Ausbaupläne der U4

Die U4 soll eigentlich nicht erweitert werden. Dennoch gibt es Überlegungen diese kurze Linie Richtung Norden bis zum Magdeburger Platz zu verlängern. Dort soll ein Umsteigebahnhof zur ebenfalls geplanten Ostverlängerung der U3 entstehen. Da die zu bauende Strecke im Wesentlichen nur aus der Erstellung des zukünftigen Bahnhofs Magdeburger Platz bestehen würde, wäre der Bau relativ kostengünstig zu erstellen, denn der bestehende Kehrgleistunnel der U4 endet unmittelbar am Magdeburger Platz in der Genthiner Straße. Dennoch ist ein Bautermin unbekannt und in nächster Zeit auch nicht zu erwarten.


Streckendaten der U4
Erklärung

Neu: mit Links zu allen Bahnhöfen

Nollendorfplatz Nm / Nu -0,1 +25 / 1,7 +11
  865
Viktoria-Luise-Platz V 0,7 +40
  865
Bayerischer Platz Bpo 1,6 +05
  703
Rathaus Schöneberg RS 2,3 +08
  431
Innsbrucker Platz Ipo 2,7 +39

Die Schöneberger Untergrundbahn
Weiterführender Bericht über die U4

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