Die Spandauer U-Bahn
Paulsternstraße - Rathaus Spandau

Die Verlängerung der U7 nach Spandau.

Diese U-Bahnverlängerung ist am 1.Oktober 1984 der Öffentlichkeit übergeben worden.

Diese U-Bahnstrecke ist ein Paradebeispiel für die Zusammenarbeit von Senat und Bauwirtschaft! Grund des U-Bahnbaus war die Anschließung des Stadtteils Spandau an das U-Bahnnetz. Dagegen ist nichts zu sagen. Nur der Weg dorthin lässt Rätsel offen: Man hätte Spandau wesentlich preiswerter in Ruhleben an die U-Bahn anbinden können. Aber es wurde der Umweg über Haselhorst und Siemensstadt gewählt, noch dazu in unterirdischer Lage mit denkbar ungünstigen Bodenverhältnissen! Es war ein sündhaft teures U-Bahnprojekt: 680 Millionen DM hat der Bau dieser rund fünf Kilometer langen Strecke gekostet, selbst damals viel Geld. Aber was soll's: Berlin hatte genug Geld und die Bauwirtschaft hatte was zu tun. Wenn Berlin was gemacht hat, dann wurde es gründlich gemacht, und so passt dieses U-Bahnprojekt auch in die Zeit.

Die Strecke schließt am Rohrdamm an die vorhandene Strecke an und folgt der Nonnendammallee Richtung Westen. Der erste Bahnhof ist der Bahnhof Paulsternstraße, mit seiner blauen und grünen Gestaltung zählt er zu einem der schönsten Bahnhöfe, die Rümmler je entworfen hat. [Dies ist zumindest meine Meinung, viele sind anderer Ansicht. d.V.] Am Ferdinand-Friedensburg-Platz erreicht die U7 den Bahnhof Haselhorst. Dieser Bahnhof, schlicht in anthrazit und weiß gehalten beeindruckt durch sein Spiel mit Licht und Schatten. Es folgt einer der im Bau technisch aufwendigsten Streckenabschnitte unter der Straße Am Juliusturm: Gebaut wurde hier in der Wand-Sohle-Bauweise, einer Bauweise, die in feuchten Untergrund angewendet werden kann, wobei aber keine Grundwasserabsenkung erfolgen muss. Dies war hier notwendig, da anderenfalls die Spandauer Zitadelle Schaden genommen hätte. Es folgt der Bahnhof Zitadelle, man wähnt sich hier in einer alten Keller-Kasematte der Zitadelle. An den Wänden Bildnisse aus Spandauer Festungszeiten. Der Bahnhof entstand in zwei Abschnitten: Erst der Nordbahnsteig und dann der Südliche.
Die U-Bahn, von hier an in der Senkkastenbauweise erstellt, erreicht nach Unterquerung der Havel die Spandauer Altstadt: So nennt sich auch der Bahnhof Altstadt Spandau, im Norden der selben (Arbeitstitel des Bahnhofs: Havelstraße). Was folgt ist eine im Schildvortrieb erstellte lange Linkskurve, an deren Ende sich westlich der Spandauer Innenstadt der Endbahnhof Rathaus Spandau befindet. Dieser Bahnhof verfügt über zwei sehr breite Mittelbahnteige, wobei die U7 an deren Innenkanten hält. Auch dieser Bahnhof wurde ungewöhnlich erstellt: In der "Deckelbauweise", erst wurde die Decke des Bahnhofes erstellt und erst anschließend der eigentliche Bahnhofstunnel. Diese Bauweise bietet den Vorteil, dass die Baugrube relativ schnell wieder geschlossen werden konnte, am stark befahrenen Altstädter Ring eine Voraussetzung. Insgesamt ist diese U-Bahnstrecke die bautechnisch interessanteste ganz Berlins.

Die Bahnhöfe:

 U-Bhf Paulsternstraße 

Bahnhof mit Mittelbahnsteig und mittig angeordneten Treppen zur übergeordneten Vorhalle.
Die Wände des Bahnhofes wurden dunkelblau verfliest. Als Mosaiken wurde eine Blumenwiese in hellen Grüntönen eingefügt. Die Decke ist ebenfalls blau gestrichen, wie ein Nachthimmel, wobei kleine Sterne die Decke zieren: Eine Anspielung an den Namen "Paulstern". Die Bahnsteighalle wird durch kräftige Stützpfeiler mit einem Unterzug in zwei Schiffe geteilt. Die Stützpfeiler sind mit Blechprofilen verkleidet, die mit braun-blauen Mustern einen Baumstamm darstellen sollen. Der Deckenübergang wird durch fächerartige Ausweitungen als blühende Bäume symbolisiert. Der Unterzug ist mit goldfarbigen Blechprofilen verkleidet. Erstmalig in Berlin wurde der Bahnsteig bewusst in die architektonische Konzeption einbezogen: Er ist mit roten und grauen Keramikfliesen belegt. Traditionell waren die Bahnsteige in Berlin immer mit Guss-Asphalt versehen.

 U-Bhf Haselhorst 

Auch dieser Bahnhof erhielt einen Mittelbahnsteig.
Im Gegensatz zu Paulsternstraße wirkt dieser Bahnhof sehr schlicht. Die Wände wurden mit anthrazitfarbenen Wandelementen verkleidet, während die Stützen silbern glänzen. Der Clou in diesem Bahnhof dagegen ist die Beleuchtungsanlage, die in aufwändig gestalteten Deckenelementen untergebracht ist. hierdurch entsteht ein interessantes Spiel mit Licht und Schatten. Der Bahnsteig wurde kontrastreich in beige-braun verkleidet.

 U-Bhf Zitadelle 

Dieser Bahnhof wiederum fällt völlig aus dem Rahmen: Er besitzt zwei Seitenbahnsteige, die durch eine mittig angeordnete Vorhalle erschlossen werden.
Von der Gestaltung her nimmt dieser Bahnhof Bezug zur Spandauer Zitadelle, der mittelalterlichen Wehranlage in der benachbarten Havel: Der Bahnhof wirkt wie ein fensterloser Festsaal innerhalb der Zitadelle. Das macht die völlige Verkleidung mit roten Ziegeln deutlich. Selbst die betrieblich notwendigen Türen dieses Bahnhofes erhielten eine ritterburgtypische Schraffierung. An den Wänden wurden Wandbilder angebracht, die die Entwicklung der alten Stadt Spandau von der wehrhaften Befestigungsanlage bis zur auf Unabhängigkeit gegenüber Berlin bedachten Großstadt zeigen.
Außerdem sind bekannte Persönlichkeiten Spandaus an den Wänden dargestellt. Der Bahnsteig wurde mit roten Steinfliesen belegt.
Auch die oberirdischen Eingänge setzen dieses aufwändige Gestaltungschema fort: Über den überdachten Eingängen thront in Stein gehauen Rochus von Lynar. Insgesamt ein außergewöhnlicher U-Bahnhof.

 U-Bhf Altstadt Spandau 

Im Vergleich zum Bahnhof Zitadelle geht es hier wesentlich bescheidener zu: Dieser Bahnhof hebt sich durch seine Lage und Konstruktion von den anderen Bahnhöfen ab: Er liegt aufgrund der nahen Havelunterfahrung recht tief und wurde in einzelnen Senkkästen erstellt. Er erhielt einen Mittelbahnsteig mit Zugängen an beiden Bahnhofsenden. Die Wände sind mit weißen Wandelementen versehen, deren Kanten rot gegliedert sind. Auffallend ist, dass dieser Bahnhof zwei Stützenreihen erhielt (Kolonnenbauweise). Die Stützen sind im Grundriss achteckig und gehen 16-eckig in die reich strukturierte Decke über. Der Bahnsteig präsentiert sich mit einem roten Plattenbelag.

 U-Bhf Rathaus Spandau 

Aufgrund seiner räumlichen Größe fällt dieser Bahnhof völlig aus dem Rahmen: Er setzt dieser aufwändig gestalteten U-Bahnstrecke die Krone auf.
Der Bahnhof erhielt zwei Mittelbahnsteige mit vier Bahnsteiggleisen. Die U7 nutzt die mittleren beiden Gleise, während die äußeren Gleisbetten unbenutzt sind. Sie sind einer anderen U-Bahnlinie vorbehalten. An beiden Enden des Bahnhofes sind galerie-artige Vorhallen im Zwischengeschoss eingegliedert.
Die Wände wurden mit hellgrauen quadratischen Fliesen verblendet, die einen Fries aus Schwarz und Gold erhielten. Die voluminösen Mittelstützen erhielten eine Verkleidung aus polierten schwarzen Labradorgranit.
(Man gönnt sich ja sonst nichts...)
Die Kämpfer laden sehr weit aus und gehen in die Decke über, beherrschende Farben sind Grün und Gold. Einen Unterzug erhielt dieser Bahnhof nicht.

Die Bahnsteige erhielten eine gemusterte Verkleidung mit hell- und dunkelgrauen Fliesen. Zwischen den mittleren Gleisen wurde konstruktiv derart viel Platz gelassen, dass dort noch ein weiterer 5 Meter breiter Bahnsteig Platz hätte! (Der Bahnsteig des 1908 eröffneten Bahnhofes Hausvogteiplatz ist nur 95 cm breiter!) Dieser Freiraum wurde erhöht und mit schwarzen und weißen Fliesen streifenartig verkleidet.

Insgesamt sprengt dieser U-Bahnhof mit seinen gewaltigen Dimensionen alle übrigen Bahnhöfe der Linie U7 - selbst Hermannplatz!. Er ist der krönende Endpunkt dieser Linie.
Interessant zu beobachten ist, wie sich die Architekturauffassung von Reiner G. Rümmler dem Zeitgeschmack angepasst hat. Dies lässt sich sehr eindrucksvoll belegen mit einer Fahrt mit der U7 von Mehringdamm nach Spandau, wobei die Bahnhöfe in der zeitlichen Reihenfolge zwischen 1965 und 1984 entstanden sind.

Anschlußbericht: Die Rohrdamm-Strecke

 


Rudow - Rathaus Spandau

Weitere Abschnitte dieser Linie:

U7: U-Bahn nach Gropiusstadt - Britzer U-Bahn - Neuköllner Zweig - S´bg-Wilmersdorfer Strecke - Adenauerplatz-U-Bahn - Rohrdammstrecke - Spandauer U-Bahn

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