1948
Die BVG gibt
das alte Hochbahnkraftwerk Unterspree an die BEWAG ab. Somit
bezieht die BVG den Strom ausschlißlich von der städtischen
BEWAG
2. Februar
Die Linie B I, die bislang nur zwischen Nollendorfplatz und
Innsbrucker Platz pendelt, wird in der Hauptverkehrszeit bis zum
Kottbusser Tor verlängert.
Linie B I seither:
Linie B I | (Kottbusser Tor -) Nollendorfplatz - Innsbr. Platz (o. Halt am Stadtpark) |
15. April
Neue
U-Bahnprojekte
Ernst Reuter, Stadtrat für Verkehr stellt sich den weiteren Ausbau des U-Bahnnetzes wie in nachfolgenden Plan vor:
Ferner war der
Bau folgender Neubaulinien vorgesehen:
Linie F: Weissensee - Steglitz
Linie G: Streglitz - Wedding (Augustenburger Platz)
Linie H: Mehringdamm - Siemensstadt
Die ganze Diskussion entzündete sich daran, dass vorgeschlagen wurde, bestehende Linien zu begradigen, was zwar aufgrund der durch den Kriege gegebenen Baufreiheiten möglich war aber sehr viel Geld gekostet hätte. Stattdessen schlug Reuter vor, das Geld lieber in den Streckenneubau zu investieren. Daher diese Pläne.
18. Juni 1948
Währungsreform in den Westzonen
In den
Westzonen Deutschlands findet eine Währungsreform statt: Neue
Währung heißt "Deutsche Mark" und löst dort die
Reichsmark ab.
Aufgrund einer alliierten Weisung wird in Groß-Berlin keine
Währungsreform durchgeführt.
23. Juni 1948
In der
Ostzone wird ebenfalls eine Währungsreform durchgeführt. Die
neue auch "Deutsche Mark" genannte Währung hat auch in
Berlin Gültigkeit. Sofort verbieten die Westalliierten den
Umlauf der Ostwährung in den Westsektoren. Inoffiziell ist
dieses Geld neben der alten nahezu wertlosen Reichsmark gültig.
24. Juni 1948
Die Westmark
ist seitens der westlichen Besatzer in Groß-Berlin gültiges
Zahlungsmittel, allerdings müssen die Noten mit einem
"B" gekennzeichnet sein.
Im Osten dagegen wird der Besitz der Westmark seitens der
russichen Besatzer unter Strafe gestellt.
Im Westen ist die Ostmark stillschweigend gültiges Zahlungsmittel. Eine Stadt mit zwei Währungen!
Selber Tag:
Berliner Westsektoren
abgeriegelt!
Wegen
"Technischer Schwierigkeiten" sind die Straßen, die
Bahn und Schiffsverbindungen von den Westsektoren Berlins nach
Westdeutschland unterbrochen.
Die Blockade beginnt.
25. Juni 1948
"Operation
Vittels"
Die westlichen Besatzer versorgen Berlin aus der Luft mit
Lebensmitteln und lebensnotwendigen Gütern wie Kohle aus
Westdeutschland. Beginn der "Luftbrücke"
30. Juni 1948
Linien A I
und A III tauschen Aufgaben im Innenstadtbereich:
Die Linien seither:
Linie A I | Deutsches Opernhaus - Ruhleben |
Linie A III | Pankow - Potsd.Pl.- Gleisdreieck (u.)- Dt. Opernhaus - R.-Wagner-Pl. |
9.Juli 1948:
Die U-Bahn während der Blockade
In Berlin ist wieder etwas alltäglich geworden, was man für überwunden hielt: Die Stromsperre! Als Großverbraucher ist hiervon natürlich auch die BVG in den Westsektoren betroffen. Sie muß den U-Bahnverkehr (und natürlich auch den Straßenbahnverkehr) hierauf einrichten. Die Zugabstände wurden gedehnt und der Betriebsschluß wurde weit vor verlegt. Im Betriebsalltag sieht dies so aus, daß nach 18 Uhr in der Regel keine U-Bahn mehr fährt.
Nachfolgend die Auflistung der U-Bahnlinien bis 18 Uhr:
Linie A I:
Deutsches Opernhs. - Ruhleben
Linie A II: Wittenbergpl. - Krumme Lanke
Linie A III: Richard-Wagner-Platz - Dt.Opernhs. - Potsdamer Platz
- Pankow
Linie B I: Warschauer Brücke - Innsbrucker Platz (nur in der
HVZ!)
Linie B II: ausser Betrieb!
Großprofil
Linie C I:
Seestraße - Grenzallee
Linie C II: Stettiner Bahnhof - Tempelhof (nur in der HVZ!)
Linie D: Gesundbrunnen - Leinestr.
Linie E: Alex - Friedrichsfelde
Der
U-Bahnverkehr ab 18 Uhr:
Linie A III: Potsdamer Platz - Pankow
Linie C I: Seestraße - Stadtmitte
Linie D: Gesundbrunnen - Kottbusser Tor
Linie E: Alexanderplatz - Friedrichsfelde
Die übrigen Linien sind außer Betrieb!
Die Streckenabschnitte, die nach 18 Uhr noch betrieben werden, erhalten den nötigen Fahrstrom von den im Ostsektor gelegenen Kraftwerken der BEWAG. Jene Kraftwerke sind von den Einschränkungen der Blockade nicht betroffen.
Im übrigen ist der S-Bahnverkehr in Berlin von den Strombeschränkungen ebenfalls nicht betroffen, da die S-Bahn als Betriebsteil der Deutschen Reichsbahn den Fahrstrom aus dem Ostsektor bezieht.
13.Juli 1948
Linie C I:
Der Zugverkehr gestaltet sich ab heute wie folgt:
Linie C I | Grenzallee - Mehringdamm - Seestraße (bis 18 Uhr) |
Linie C I | Stadtmitte - Stettiner Bhf. - Seestraße (ganztägig) |
2.August 1948
Linie B I:
Diese zur Zeit nur während der HVZ verkehrende Linie wird verkürzt auf den Abschnitt Nollendorfplatz-Innsbrucker Platz (ohne Halt am Stadtpark)
Linie B II:
Zusätzlich verkehrt ab heute in der HVZ die Linie B II zwischen Warschauer Brücke und Uhlandstraße. Sie war die letzten Wochen seit Beginn der Blockade ausser Betrieb.
15.November 1948
Linie B I:
Ausserhalb der HVZ wird die Linie B I wieder zwischen Kottbusser Tor und Innsbrucker Platz betrieben. Während der HVZ bedient sie nur den Schöneberger Streckenabschnitt, da die Kreuzberger Hochbahn während dieser Zeit durch die B I mit versorgt wird.
24.Januar 1949:
Linie B II:
Diese Linie, die bislang nur während der HVZ verkehrte, fährt ab heute wieder täglich bis 18 Uhr. (Warschauer Brücke-Uhlandstraße)
7.März 1949
Linie B II:
Der U-Bahnhof "Uhlandstraße" bekommt einen Zusatztitel: "Uhlandstraße (Kurfürstendamm)"
Nach westlicher Diktion presentiert sich der Ku´damm als das "Schaufenster des Westens". Dies soll nun auch bei der U-Bahn betont werden. Zu Namenskonflikten kommt es nicht, da es bislang keinen U-Bahnhof namens Kurfürstendamm gab.
21.März 1949:
Seit Mitternacht hat die Ost-Mark in den westlichen Sektoren
Berlins ihre Gültigkeit verloren. Ihr Besitz im Westsektor ist
aber nicht verboten.
Interessant am Rande:
Aus ideologischen
Gründen akzeptierte die Deutsche Reichsbahn im S-Bahnverkehr
Westberlins bislang ausschließlich Ostgeld. Seit diesem Tage
müssen die Fahrgäste den Fahrpreis in DM-West bezahlen.
Die Fahrgäste der BVG waren in der Entscheidung der
Währungswahl zur Bezahlung des Fahrgeldes in den Westsektoren
frei. Zumeist entrichteten sie den Fahrpreis in der in letzter
Zeit schwächeren Ost-Mark. Dies brachte die BVG in erhebliche
finanzielle Schwierigkeiten, denn die Bediensteten, die in den
Westsektoren wohnten, mussten ihren Lohn zu 25% in DM-West
erhalten. Schlimmer sah dies in der Begleichung der
Verbindlichkeiten gegenüber Zulieferfirmen in den Westzonen aus,
die auf Zahlung in DM-West bestehen mussten. Nur der guten
Zusammenarbeit mit dem Stadtkämmerer des Westmagistrats war es
zu verdanken, daß die BVG zahlungsfähig blieb.
12.Mai 1949:
"Hurra,
wir leben noch!"
Seit Mitternacht ist die Blockade aufgehoben. Daher sind die Land- und Wasserverbindungen zwischen Westberlin und den Westzonen wieder offen und frei befahrbar. Die Luftbrücke wird zunächst noch weiter unterhalten bis sich die Lieferungen auf dem Landwege wieder eingespielt haben.
Im U-Bahnverkehr werden die Beschränkungen sowohl in der Linienführung als auch im täglichen Betriebsablauf aufgehoben. Der Verlauf der einzelnen Linien deckt sich weitgehend wieder mit der "Vor-Blockade-Zeit":
Linie A I: Ruhleben-Pankow (ohne
Halt am H'vogteipl. u. Kaiserhof)
Linie A II:
(Pankow-)Wittenbergplatz-Krumme Lanke
Linie A III:
Deutsches
Opernhaus-Richard Wagner Platz
Linie B I:
Nollendorfplatz-Innsbrucker Platz (ohne Halt am Stadtpark)
Linie B II:
Warschauer
Brücke-Uhlandstraße
Linie C I:
Seestraße-Grenzallee
Linie C II: (Stettiner
Bhf.-)Mehringdamm-Tempelhof
Linie D:
Leinestraße-Gesundbrunnen
Linie E: Alexanderplatz-Friedrichsfelde
21.Mai 1949:
Die
Reichsbahner in Westberlin streiken!
Ein erheblicher Teil der bei der S- und Fernbahn bediensteten Reichsbahner lebt in Westberlin. Die Folge ist, daß diese Mitarbeiter ihre Lebenshaltungskosten seit zwei Monaten nur noch in DM-West entrichten können. Anders, als die im Westen lebenden Angestellten der BVG erhalten die Reichsbahner ihren Lohn immer noch ausschließlich in Ost-Währung, obwohl die Reichsbahn seit Ende März durch den S-Bahnverkehr Westgeldeinnahmen hat. Dieser Zustand führte mit Hilfe des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum ersten Streik der Reichsbahner in Westberlin. Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist eine westdeutsche Einrichtung und gilt im ostdeutschen Selbstverständnis als Abspaltung des "Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB)" und daher als sogenannte "Unabhängige Gewerkschafts-Organisation (UGO)". So wird dieser "UGO-Putsch" als Verletzung der Rechtsverhältnisse in der Ostzone angesehen und von FDGB-organisierten Ost-Reichsbahnern zum Teil mit Gewalt gebrochen. Die Folge sind zum Teil heftige Auseinandersetzungen zwischen steikwilligen Reichsbahnern, Transportpolizei im Ostauftrage und der Westpolizei und nicht zuletzt der Alliierten.
Der lachende Dritte hierbei ist die BVG: Durch den Ausfall der S-Bahn in den Westsektoren kommen viele S-Bahn-Fahrgäste auf die BVG zurück.
23. Mai 1949
Gründung der
"Bundesrepublik Deutschland"
Artikel 23 GG besagt, dass "Groß-Berlin" zum
Bundesgebiet gehört.
1. August 1949:
Die BVG wird geteilt!
Bisher hatte man
allseits versucht, die BVG als einheitliches Unternehmen bestehen
zu lassen. Dies wurde schließlich immer schwieriger. Von diesem
Tag an gibt es eine BVG für den Westteil der Stadt und eine
zweite BVG für den Ostsektor.
Wie es zur Teilung kam und was innerbetrieblich die Folgen sind,
soll nachfolgend erläutert werden. Um die Teilung der BVG zu
verdeutlichen, muß etwas zur politischen Situation in Berlin
geschildert werden.
Als am 4. Juli 1945 die Westalliierten in ihre Sektoren einmarschierten, hatte sich keiner vorstellen können, daß es zu einer Zerreißprobe in der zivilen Verwaltung der Stadt oder gar der stadteigenen Versorgungsbetriebe kommen könnte. Man war sich einig, dass es für die Berliner Bevölkerung durch den Viermächtestatus keinerlei Behinderungen jedweder Art geben sollte.
Im April 1947
wurde Ernst Reuter zum Oberbürgermeister von Groß-Berlin
gewählt. Die Sowjets waren aufgrund der politischen Einstellung
Reuters gegen dessen Ernennung zum Oberbürgermeister. Sie
erklärten daher die Wahl für ungültig und verhinderten so die
Ernennung. Louise Schröder vertrat ihn daher treuhänderisch in
seiner Position mit der Zustimmung der Sowjets. Am 23.Juni 1948
kam es dann im Zuge der Besprechungen betreffend der
Währungsumstellung in Berlin im Stadtparlament zu Störungen.
Diese Demonstrationen waren offensichtlich durch die SED
gesteuert und wurden durch Polizeikräfte auch nicht verhindert.
Der Polizeipräsident in Berlin war damals ein gewisser Herr
Marggraf, er gehörte der SED an...
Nachdem die genannte Sitzung ergebnislos vertagt wurde, keimten
erste Pläne auf, den Sitz einiger Magistratsdienststellen in die
Westsektoren Berlins zu verlegen. Im September ´48, als das
Stadtparlament mal wieder tagte, kam es erneut zu schweren
Tumulten vor dem Stadthaus in der Ostberliner Parocialstraße.
Auch diese Sitzung mußte vertagt werden. Gleichzeitig wurde
beschlossen, daß die Sitzungen künftig in Westberlin abgehalten
werden. Von nun an verlegten tatsächlich einige Dienststellen
des Magistrates ihre Sitze in den Westteil der Stadt. Am
8.Oktober 1948 wurde zum Beispiel der Magistrat für Verkehr und
Betriebe von der Oberwallstraße in der Innenstadt nach der
Charlottenburger Fasanenstraße verlegt. Den Vorsitz dieser
Magistratsabteilung führte seit 1946 Ernst Reuter. Am
16.November 1948 wurde Reuter daraufhin als Verkehrsstadtrat vom
neu konstituierten Ostmagistrat abgesetzt. Sein Nachfolger war
ein gewisser Herr Dipl.Ing.Schlicke. Schlicke kam von der
Potsdamer Straßenbahn.
Und hier kommt die BVG ins Spiel: Am 18.November 1948 bestellte
Herr Schlicke die Direktion der BVG in seine Diensträume in die
Oberwallstraße. Die BVG-Direktion betrachtete Schlicke als nicht
weisungsbefugt und gehorchte nach oben ausschließlich den
Weisungen Reuters, der in den Westsektoren selbstverständlich
seine Position behalten hatte und von Natur aus ein gutes
Verhältnis zur BVG pflegte. Aus diesem Grunde hielt es die BVG
für richtig, der Einladung aus dem Osten nicht nachzukommen.
Daraufhin erschien Herr Schlicke am 20.November in Begleitung
einiger Herren in der Hauptverwaltung der BVG in der Potsdamer
Straße. Herr Schlicke wurde zwar empfangen, aber es wurde ihm
deutlich gemacht, daß er nicht "Herr im Hause" ist.
Dennoch bat er die BVG-Direktion um eine friedliche
Zusammenarbeit. Auch wenn die Machtstrukturen für die BVG klar
schienen, durfte man die Augen nicht völlig vor der Wahrheit
verschließen, denn die BVG betrieb ihr Liniennetz ja auch im
Ostsektor und war somit den Weisungen des Ostmagistrates indirekt
doch unterstellt. Somit war es für die BVG-Direktion nicht immer
einfach, die Meinungen der beiden Magistratsabteilungen zu
bestimmten Fragen unter einen Hut zu bringen. Eine Zeitlang wurde
nach folgendem Prinzip verfahren: Zu unregelmäßigen Terminen
war der Vorstand der BVG vormittags zur Besprechung beim
Ostmagistrat, nachmittags bei Reuter. Gegen diese Praxis hatte
Reuter nichts einzuwenden, er wünschte jedoch über den Inhalt
der Unterredungen mit dem Osten unterrichtet zu werden.
Grundsätzlich
galt auf allen Seiten die Ansicht, daß die BVG als einheitliches
Verkehrsunternehmen für Groß-Berlin erhalten werden sollte. Im
Laufe der Zeit, vor allem seit der Spaltung des Magistrates,
wurde dies jedoch immer schwieriger. Insbesondere was die
Personalpolitik betrifft, mußte eine grundsätzliche Lösung
gefunden werden. Es gab Bestrebungen einen gemeinsamen
Verwaltungsbeirat aus Mitgliedern des Westens und Ostens zu
bilden, doch dies entsprach nicht den Vorstellungen von Reuter,
denn eine Bildung eines solchen Beirates hätte die de facto
Anerkennung des Ostmagistrates durch Dienststellen des
Westmagistrat bedeutet. Dies durfte natürlich unter keinen
Umständen passieren. Es gab lediglich das Zugeständnis, daß
man für die Anliegen des Ostmagistrates ein offenes Ohr hätte
und deren Vorschläge zur Firmenpolitik "in angemessener
Form" berücksichtigen wolle. Im Januar 1949 gab es erste
Beschwerden seitens des Ostmagistrates, da die BVG, so dessen
Ansicht, die Zusammenarbeit mutwillig behinderte. Im März 1949
gab es erste schwerwiegende Differenzen in der Personalpolitik,
sie entstanden durch die Gründung des Freien Deutschen
Gewerkschaftsbundes (FDGB), der seinen Sitz im Ostsektor hatte
und meinte auf die Arbeitnehmerbelange der Gesamt-BVG Einfluß
nehmen zu müssen. Der FDGB aber war in den Westsektoren nicht
zugelassen, stattdessen bildete sich dort die Unabhängige
Gewerkschaftsorganisation (UGO). Der BVG-Personaldirektor Knapp
war der Politik des östlichen FDGB sehr aufgeschlossen. So kam
es, daß sich die Belegschaft der BVG zunehmend gegen Hernn Knapp
wandte. Am 9.März 1949 wurde Knapp seitens des Betriebsrates
ohne Kenntnis Reuters von seinem Amt abberufen. Darüberhinaus
wurde er aufgefordert, das Verwaltungsgebäude der BVG umgehend
zu verlassen. Knapp weigerte sich und wies auf den Dienstweg hin,
der doch eingehalten werden sollte. Am nächsten Morgen wurde
Herr Knapp am Betreten des Gebäudes gehindert, es kam zu
Tumulten vor der Verwaltung. Nur durch das Einschreiten der
Polizei konnte sich die Lage wieder beruhigen. Noch am selben Tag
verfügte Reuter als Vorsitzender des Beirates die vorläufige
Beurlaubung von Herrn Knapp. Ferner wurde gegen Knapp Hausverbot
in der Potsdamer Straße verfügt. Daraufhin unterrichtete Knapp
den Ostmagistrat über die "ungeheuerlichen"
Vorkommnisse in der Potsdamer Straße. Nun fiel erstmals durch
Herrn Knapp der Begriff "Direktionsbüro Ost". Knapp
stellte sich das so vor:
Die BVG sollte unverändert in der Potsdamer Straße in den
Westsektoren ihren Hauptsitz behalten. Ihm oblag die Führung von
Gesprächen zwischen der Verwaltung und dem Ostmagistrat. Hierzu
wollte er ein Büro im Ostteil der Stadt beziehen. Es fanden
weiterhin Gespräche zwischen der BVG und dem Ostmagistrat statt,
doch es wurde im Laufe der Wochen immer deutlicher, daß es so
nicht weitergehen konnte. So entschloß man sich zur
verwaltungsmäßigen Teilung einiger Direktionsabteilungen der
BVG. Am 7.April 1949 wurde diese Verwaltungsteilung durch Reuter
gebilligt. Es konnten nun die detaillierten Besprechungen der
Teilung geführt werden.
Diese Besprechungen fanden in einer Gaststätte in Friedenau (Friedenauer Verhandlungen) im beisein Knapps statt. Durch die Wahl eines "neutralen" Ortes sollte der "Hausfrieden" gewahrt bleiben, denn Knapp hatte nach wie vor Hausverbot in der Potsdamer Straße. Es ist nicht einfach, ein Unternehmen mit über 20.000 Beschäftigten so zu teilen, daß diese Trennung nach aussen hin unsichtbar bleibt, denn die Verkehrsbedienung sollte in keinster Form beeinträchtigt werden! So entstand aus dem anfänglich angedachten "Direktionsbüro Ost" mit einem Dienstwagen eine regelrechte "Verwaltung BVG-Ost" in der Stralauer Straße, die zumindest auf dem Papier fast gleichbedeutend mit der alten Hauptverwaltung war.
Die Folgen der BVG-Teilung für die U-Bahn
Die U-Bahnstrecken wurden in folgender Form geteilt:
Linie A:
Die Betriebshoheit im Ostsektor wurde der BVG-Ost übertragen.
Sie stellt zwischen Potsdamer Platz und Pankow das komplette
Betriebspersonal. Da die Züge ohne Unterbrechung in den
Westsektor weiter fahren, wird das Zugpersonal intersektorial
eingesetzt. Die Zugfahrer und Schaffner bleiben bei ihrem Zug auf
dem gesamten Netz. Dagegen fahren BVG-West-Züge mit Westpersonal
nach Pankow.
Die Stromhoheit dagegen verbleibt bei der BVG-West. Sie stellt auf der gesamten Strecke die Stromversorgung sicher. Bauausführungen obliegen ebenfalls der BVG-West, bzw. der dort verbliebenen Bauabteilung.
Linie B:
Diese Linie verläuft nur auf rund 400 Metern zwischen der
Oberbaumbrücke und dem Bahnhof Warschauer Brücke im Ostsektor.
Wegen dieser Insellage wurde vereinbart, daß diese Strecke
vollständig der BVG-West zugeschlagen wird.
Ein weiterer Punkt der Vereinbarung besagt, daß die Betriebswerkstatt an der Warschauer Brücke geschlossen wird.
Linie C und D:
Diese Großprofillinien verlaufen zwischen Stadtmitte und
Schwartzkopffstraße bzw. Neanderstraße und Bernauer Straße im
Ostsektor.
Die Betriebshoheit geht an die BVG-Ost über. Diese stellt folglich das Betriebspersonal. Der Zugverkehr dagegen wird ausschließlich von der BVG-West mit Westpersonal und West-Zügen sichergestellt. Auch hier wird die Stromversorgung durch die BVG-West sichergestellt.
Linie E:
Diese Linie wird als einzige Linie vollständig von der BVG-Ost
verwaltet und betrieben.
Die Stromversorgung stellt gleichfalls die BVG-Ost sicher.
Soweit die Hoheit auf den einzelnen Streckenabschnitten. Das Netz splittet sich bekanntlich in mehr oder weniger unabhängige Linien auf.
Die U-Bahnlinien werden entweder durch die BVG-West, BVG-Ost oder gemeinsam betrieben.
BVG-West-Linien:
A II:
Wittenbergplatz - Krumme Lanke
A III: Deutsches Opernhs. - Richard-Wagner-Platz
B I: Nollendorfplatz - Innsbrucker Platz
B II: Warschauer Brücke - Uhlandstraße
C I: Seestraße - Grenzallee
C II: Mehringdamm - Tempelhof
D: Leinestraße - Gesundbrunnen
BVG-Ost-Linie:
E: Alexanderplatz - Friedrichsfelde
gemeinsam zu betreibende Linie:
A I: Pankow - Ruhleben
Das Zugpersonal
gehört entsprechend zu beiden BVG-Hälften. Die Zugehörigkeit
der BVGer wurde ihnen übrigens grundsätzlich freigestellt. Für
die meisten waren jedoch weniger politische Gründe für die Wahl
ihres künftigen Arbeitgebers ausschlaggebend als vielmehr der
Wohnort und der damit verbundene Arbeitsweg sowie die
"Beheimatung" in den Betriebshöfen und Dienststellen.
Niemand wurde von der BVG bzw. BVG-West gezwungen, in die BVG-Ost
überzutreten!
Offensichtlich fand sich jedoch genügend Personal, das bereit
war, für die BVG-Ost zu arbeiten.
Auch der Wagenpark der Berliner U-Bahn wird konsequent geteilt:
Kleinprofil
Der A I- und A II-Wagenpark wird geteilt:
Baureihe A I:
Die BVG-Ost
erhält 46 Triebwagen aus den Baujahren 1908-26 (8.-18.
Lieferung), darunter zwei ehemalige "Schöneberger
Triebwagen" und einige "Motorwagen" (ohne
Führerstand). Sie sind für den Einsatz auf der Linie A I
bestimmt!
Ferner erhält die BVG-Ost 37 Beiwagen der Baujahre 1902-26
(3.-18. Lieferung)
Baureihe A IU:
Mit dieser
Baureihe werden die "Blumenbretter" bezeichnet, die
seit Ende 1945 auf der Linie E im Einsatz sind. Sie werden
komplett der BVG-Ost zugeschlagen.
48 Triebwagen umfasst die Baureihe A IU, sie stammen aus den
Baureihen A I der Baujahre 1913-26 (14.-18. Lieferung). Ergänzt
wird diese Baureihe durch 46 Beiwagen, unter anderem zwei
Schöneberger Triebwagen, die später zu Beiwagen umgebaut
wurden. Die Beiwagen stammen von 1924-26 und 1912 (16.-18. und
S2-Lieferung)
Baureihe A II:
24 Triebwagen aus
den Jahren 1928-29 sind für die BVG-Ost im Einsatz auf der A I.
(19.und 20.Lieferung)
Ergänzt werden die "Amanullah-Triebwagen" durch 24
Beiwagen.
Großprofil:
Baureihe B und C:
Diese beiden Baureihen werden komplett der BVG-West zugesprochen,
da diese Wagen auf den Linien C und D eingesetzt werden.
Daher verfügt die BVG-Ost über kein einziges "echtes" Großprofil-Fahrzeug.
Neben der U-Bahn werden auch viele Straßenbahnlinien von beiden Betriebsteilen der BVG unterhalten. Viel weiter jedoch geht die Zusammenarbeit der beiden BVG-Hälften nicht!
Die Tarifabwicklung
Die Erhebung der Fahrgelder erfolgt bei der U-Bahn durch die Zugangspassagen und bei der Straßenbahn und dem Autobus durch Schaffner. Bei grenzüberschreitenden Linien wechseln die Schaffner an der Sektorengrenze, die zugleich auch die "Währungsgrenze" ist. Grundsätzlich besteht gegenseitige Anerkennungspflicht der Fahrausweise im Inter-Sektoren-Verkehr. Dagegen erfolgt keine gegenseitige Betriebskosten-Abrechnung. Also: Ein Fahrgast der BVG-West kann die Verkehrsmittel (im Rahmen der Gültigkeit seiner Fahrkarte) ohne Einschränkung benutzen, ohne daß der BVG-Ost dies vergütet wird. Umgekehrt ist dies genauso. Die "Tarifgemeinschaft" geht noch weiter: Seit geraumer Zeit werden wieder Dauerkarten ausgegeben, die zur uneingeschränkten Benutzung berechtigen. Der BVG-West ist es so z.B. gestattet, eine Monatskarte für die Linie E zu verkaufen. Sie kostet 9 DM, die der BVG-West zugute kommen. Die BVG-Ost muß den Fahrgast einen Monat umsonst befördern! Umgekehrt geht dies natürlich auch möglich.
Die Tarife sind
übrigens in beiden Betrieben gleich:
Preise verstehen sich in: BVG-West = DM-West, BVG-Ost = DM-Ost
Auszug:
Einzelfahrschein:
0,20 DM
5er Sammelkarte: 1,00 DM
3.August 1949:
Betriebswerkstatt
Warschauer Brücke wird geschlossen
Die
Betriebswerkstatt an der Rudolfstraße in der Nachbarschaft des
U-Bahnhofes Warschauer Brücke wird an diesem Tage stillgelegt.
Die Halle dient künftig nur noch dem Abstellen von U-Bahnzügen.
Die Entscheidung, diese Werkstatt stillzulegen wurde im
Zusammenhang mit der Teilung der BVG beschlossen. Die
Betriebskapazitäten werden zur Betriebswerkstatt Krumme Lanke in
den Westsektoren verlegt.
2. Oktober 1949
U-Bahnhof
Hallesches Tor ist wieder für den Betrieb freigegeben.
Dieser Bahnhof war derart zerstötz, dass östlich des Bahnhofes
ein Notbahnsteig errichtet werden mußte. Er kann nun demontiert
wund stattdessen das zweite Gleis wieder in Betrieb genommen
werden.
7. Oktober 1949
Die
Sowjetisch besetzte Zone (SBZ) wird in einen eigenständigen
Staat umgewandelt: Die "Deutsche Demokratische
Republik" wird gegründet. Hauptstadt der DDR ist der
Ostsektor Berlins.
15. Oktober 1949
Der
eingleisige Enpass am Halleschen Tor wurde an diesem Tage
aufgehoben. Die Streckenführung zwischen Schlesischem Tor und
Warschauer Brücke gilt als letzter eingleisiger Engpass im
gesamten Streckennetz.
21. Dezember 1949
Der
"Generallissimus" Stalin wird an diesem Tage 70 Jahre
alt. Für die DDR Anlass genug, dies zu würdigen. Die Große
Frankfurter Straße und die Frankfurter Allee wird umbenannt in
"Stalinallee".
Der U-Bahnhof Frankfurter Allee (Ringbahn) wird umbenannt in "Stalinallee (Ringbahn)".