Berlins U-Bahnhöfe
U-Bhf Klosterstraße |
Als die Spittelmarktlinie im Jahre 1908 vom Leipziger Platz zum Spittelmarkt fertig wurde, war klar, dass diese Strecke dort nicht enden würde. Sie sollte letztlich nach Pankow führen und hierbei den Alexanderplatz berühren. Allerdings gab es damals noch eine weitere Planung: Eine Untergrund- und Hochbahn nach Friedrichshain. Sie sollte sich am Alexanderplatz aus der Pankower Strecke abspalten. Dies jedoch war aufgrund der Platzverhältnisse nicht möglich. Dort nämlich war eine 90-Grad-Trennung erforderlich. Folglich müssten beide Strecken vor dem Alexanderplatz parallel verlaufen und im Bereich vor dem Alexanderplatz auseinander gehen. Als Trennungsort dieser beiden Linien schien der Bahnhof Klosterstraße ideal.
Eigene Graphik: Die Nordring- und
Friedrichshain-Linie
Die Bahnhofsnamen an der Friedrichshain-Linie sind keine
offiziellen Planungsnamen sonder dienen schlicht der
geographischen Zuordnung!
1910 begannen am Spittelmarkt die Bauarbeiten der Strecke Richtung Nordring/Pankow. Zunächst war an einen zielstrebigen und zügigen Ausbau der Strecke zum Nordring gedacht, die Friedrichshainer Abzweigstrecke war damals noch nicht so aktuell, sollte aber wenig später ebenfalls gebaut werden. Aus diesem Grunde wurde beim Bau der Centrums- und Nordringstrecke alles für die Ausfädelung Notwendige mit erstellt. Dies waren der wesentlich breiter als nötige Bahnhof Klosterstraße, hinter dem Selben das Ausfädelbauwerk in zwei Ebenen und zusätzlich im Bahnhof Alexanderplatz das in einer tieferen Ebene die Nordringstrecke kreuzende Bahnhofsfragment.
Unmittelbar vor dem Bahnhof Klosterstraße gab es noch ein streckentechnisches Problem besonderer Art: Die Spree musste unterquert werden. Aus diesem Grunde sank die Streckentrasse nicht weit hinter dem Bahnhof Spittelmarkt ab, um eine größere Tiefe zu erreichen. Der Bahnhof Inselbrücke (heute: Märkisches Museum) verdankt diesem Umstand seine tiefe Lage mit übergeordneten Vorhallen und Tonnengewölbe. Hinter dem Bahnhof Inselbrücke sinkt die Trasse nochmals ab, um die Spree zu unterqueren, erst hinter der Spreeunterfahrung steigt die Strecke wieder an und erreicht den ebenfalls tief gelegenen Bahnhof Klosterstraße.
Der Bahnhof Klosterstraße
Wegen der Flussunterfahrung und der beabsichtigten
Strecken-Abspaltung der Friedrichshain-Linie nimmt dieser Bahnhof
auf der Centrumslinie eine Sonderstellung ein. Er liegt aufgrund
der Spreeunterfahrung in einer 1-1/2-fachen Tiefenlage. Der
Bahnsteig liegt daher auch in einer Tiefe von rund 6,3 Metern
unter Straßenniveau. Das Bauwerk ist in 8,5 Metern Tiefe
gegründet. Das war damals für einen U-Bahnhof eine beachtliche
Tiefe! Diese Tiefe erforderte zwingend die Anlage von Vorhallen
in Zwischenpodesten. Der Bahnsteig des in einer Kurve liegenden
Bahnhofs selbst hat die beachtliche Breite von 11,6 Metern.
Was den flüchtigen Betrachter sofort auffallen dürfte, sind die
aus der Mittelachse herausgeschobenen Mittelstützen. Ebenso wie
die zwei Granitsteinreihen im Bahnsteigbelag. Dies alles hatte
seinen Grund: Die Steinreihen sind in Wahrheit Bahnsteigkanten,
während zwischen den beiden Reihen ein weiteres Gleis Platz
gefunden hätte. Dieses mittlere Gleis war eine Bauvorbereitung
für die Friedrichshain-Linie. Die Mittelstützen sollten nach
dieser Planung durch ein hohes Zier-Geländer einen
Bahnsteigabschluss bilden (etwa wie am südlichen Bahnsteig des
Bahnhofs Wittenbergplatz auch) So wäre ein innenliegender
Seitenbahnsteig entstanden, auf denen die Mittelstützen stehen
und ein Mittelbahnsteig, der stützenfrei geblieben wäre. Man
beachte auf der Abbildung oben, wie schmal dieser Bahnsteig
gewesen wäre! Der Zugverkehr wäre nach dieser Planung wie folgt
abgewickelt worden: Seitenbahnsteig mit aussen liegendem Gleis:
Richtung Pankow und Friedrichshain, nachzubauendes Mittelgleis am
Mittelbahnsteig: Züge aus Richtung Friedrichshain Richtung
Leipziger Platz, existierendes Aussengleis am Mittelbahnsteig:
Züge von Pankow Richtung Leipziger Platz.
Da die Friedrichshainer Linie
erst später gebaut werden sollte, deckte man das mittlere
Gleisbett provisorisch ab, um den Bahnsteig zunächst in voller
Breite nutzen zu können.
Unter diesen Voraussetzungen ging der Bahnhof am 1. Juli 1913 in
Betrieb. Die Züge fuhren für einige Wochen bis zum
Alexanderplatz, um ab 27. Juli 1913 bis zum Nordring weiter zu
fahren. Damit galt das Nordring-Streckenprojekt als abgeschlossen
und man konnte bei der Hochbahngesellschaft über den Bau der
Friedrichshain-Linie nachdenken. 1914 wurde die Baugenehmigung
dieser Strecke durch die Frankfurter Allee bis zur Voigtstraße
erteilt, der Bau hätte 1915 beginnen sollen. Ein Teil der
Strecke auf der Frankfurter Allee war ähnlich der Strecke in der
Schönhauser Allee als Hochbahn projektiert. Doch der Erste
Weltkrieg, der am 1. Juli 1914 ausbrach, machte diesen Planungen
einen Strich durch die Rechnung. In den späteren Jahren, also
nach 1918, war an den Bau dieser Zweigstrecke nicht zu denken,
und als man an Neubauprojekte dachte, gab es schon die Idee einer
Großprofillinie nach Friedrichsfelde. Diese später als Linie E
bezeichnete Strecke wurde ab 1926 gebaut und machte die
Friedrichshainer Kleinprofillinie überflüssig. So waren
nachträgliche Umbauten, oder besser: Ergänzungen in diesem
Bahnhof nicht erforderlich, und das für 3 bis 4 Jahre gedachte
Provisorium existiert noch heute. Auch das hinter dem Bahnhof
existierende Ausfädelbauwerk hat niemals die ihm zugedachte
Funktion übernommen und blieb stets nutzlos. Selbst für
Abstellgleise oder Luftschutzbauten nach 1939 wurde diese Anlage
nie genutzt. Man kann dieses Bauwerk heute noch erkennen, wenn
man mit der U-Bahn von Klosterstraße Richtung Alexanderplatz
fährt, und sich rechts und links des Zuges Abgründe auftun. Am
Ende der Steigung in diesem Bauwerk überquert der Zug in der
ersten Kurve die unterirdische Brücke über das angedachte Gleis
Richtung Friedrichshain. (Der unmittelbar hinter dem Bahnhofsende
nach rechts abzweigende Gleistunnel hat eine andere Bewandnis,
und nichts mit dieser Phantomlinie zu tun!)
Bahnsteighalle Richtung Norden gesehen, Aufgenommen 1985
Der letzte "Schöneberger" im nie genutzten Gleistrog,
aufgenommen 1985
Besondere Erwähnung verdienen
die beiden Vorhallen im Zwischengeschoss. Dieser Bahnhof erhielt
eine "gehobene" Ausstattung, da sich in Nähe dieses
Bahnhofs das Neue Stadthaus befindet, eine Aussenstelle des Roten
Rathauses.
Die Entwürfe für diesen Bahnhof und die Vorhallen stammen von
Alfred Grenander, der vor allem in der südlichen Vorhalle eine
kleine Kunstgalerie entwarf. An den Wänden befinden sich
insgesamt vier Ölgemälde des Münchner Künstlers Friedrich
Hohlwein. Thema der Bilder sind Vogelansichten von vier
Siedlungsprojekten, die mit der U-Bahn erschlossen werden
sollten: Das Schöneberger Südgelände, die Kolonie Dahlem,
Neu-Westend in Charlottenburg und das Tempelhofer Feld. Diese
Bilder kann man als Mahnung interpretieren, für die
Magistrats-Mitarbeiter, die täglich auf ihrem Arbeitsweg an
diesen Bildern vorbei mussten. Bis auf das Schöneberger
Südgelände sind diese U-Bahngedanken tatsächlich verwirklicht
worden.
Nicht unerwähnt bleiben sollten die Fliesenwände mit ihrem
starken blau-gelben Kontrast, eine Nachbildung der Babylonischen
Prozessionsstraße im Pergamon-Museum. In dieser Vorhalle
befindet sich eine Gedenktafel "zur Eröffnung der
Bahnerweiterung von Spittelmarkt bis Schönhauser Allee".
Sie galt viele Jahre als verschollen. (Abbildung wird
nachgereicht)
Den Krieg hat dieser Bahnhof relativ gut überstanden, doch nach Kriegsende war der Bahnhof, wie ein Großteil des Tunnelnetzes in der Innenstadt, überflutet. Erst seit 1. August 1945 fährt ab hier ein Pendelzug zum Alexanderplatz. Ab 1. November 1945 konnte ein weiterer Pendelzug unter der Spree hindurch zum Spittelmarkt fahren, seit 15. November fahren die Züge wieder zweigleisig von Pankow bis zum Potsdamer Platz, allerdings bis 1947 noch eingleisig unter der Spree.
Südliche Vorhalle, Aufgenommen während Bauarbeiten stattfanden,
2000
1984 wurde der Bahnhof denkmalgerecht hergerichtet. Er steht
seither unter Denkmalschutz. In der Bahnsteighalle steht seither
eine Hälfte des Schöneberger Triebwagens 12 von 1910, sowie am
anderen Bahnsteigende in einer Vitrine das alte Hebelstellwerk
(Bauart Siemens & Halske 1912) vom U-Bhf. Alexanderplatz
(A-Ebene).
Ähnlicher Blickwinkel, aufgenommen 1983 (Mit Zahlbox!)
Gemäldegalerie: Neu-Westend, Öl auf Leinen
Noch nicht hinter Plexiglas (wie leichtsinnig!)
Kolonie Dahlem, Öl auf Leinen, aufgenommen 1983
Beide Bilder: Friedrich Hohlwein, München 1913
Im Jahre 2000 wurde eine Farbanalyse im Bahnhof vorgenommen. Dabei offenbarte sich hinter 10 Fahrbschichten der Originalanstrich als 11. Farbschicht, der Mittelstützen aus dem Jahre 1913. Der Bahnhof soll in Kürze behindertengerecht umgebaut und restauriert werden. Hierbei soll er sein ursprüngliches Farbkleid zurückerhalten. Leider ist zu befürchten, dass der Schöneberger Triebwagen geopfert werden muss, da an der Stelle der Einbau einer Rolltreppe und eines Aufzuges vorgesehen sind. Hoffentlich findet die BVG eine andere Lösung, um dieses Fahrzeug zu erhalten.
Doch nochmal zurück in die 50er:
Damals war die BVG-Ost, was die betriebliche Wartung ihrer
Kleinprofilwagen betrifft, voll auf die BVG-West angewiesen. Die
BVG-Ost besaß nämlich an der Linie A keine eigene
Betriebswerkstatt. Dafür gab es in Friedrichsfelde eine nicht
ausgelastete Großprofilwerkstatt. Was lag also näher, die
Kleinprofil-Wagen auch dort zu Warten. Das Hauptproblem dabei war
allerdings, dass die BVG-Ost damals keine Gleisverbindung
zwischen der Linie A und E besaß. Abhilfe sollte ein
Verbindungstunnel schaffen, der die Linie A mit dem Waisentunnel
verbinden sollte. Vom Waisentunnel (Verbindungstunnel zwischen
Linien D und E) wiederum bestand eine Zufahrt zur Kehrgleisanlage
der Linie E westlich des Bahnhofes Alexanderplatz.
1951 begann die BVG-Ost in
offener Bauweise mit dem Tunnelbau. Das Bauwerk ist rund 150
Meter lang und ist röhrenförmig. Es zweigt unmittelbar
nördlich des Bahnhofes Klosterstraße aus der Linie A ab und
verläuft S-förmig.
Am 16. Februar 1952, zum 50. Betriebsjubiläum der Berliner
U-Bahn, wurde der Tunnel eingeweiht. Seither ist es der BVG-Ost
möglich, ihre Kleinprofil-Züge über die Großprofilstrecke
nach Friedrichsfelde in die Werkstatt zu schleppen.