Berlins U-Bahnhöfe


 

 U-Bhf Hausvogteiplatz 

Auf die Entstehungsgeschichte und die Umstände, die zum Bau dieser kurvenreichen U-Bahn führten, bin ich in der Beschreibung des Bahnhofs "Stadtmitte" und "Spittelmarkt" ausreichend eingegangen. Ein kritischer Punkt dieser Linie war der Streckenverlauf im Bereich des Hausvogteiplatzes, mit seinem unregelmäßigen Grundriss. Die Hochbahngesellschaft hätte die Strecke , wenn schon über den Hausvogteiplatz geführt, am liebsten geradlinig durch die Mohrenstraße geführt. Dies wäre jedoch nur möglich gewesen, wenn der weitere Verlauf zum Spittelmarkt durch die Hinterhöfe der südlichen Bebauung der Niederwallstraße geführt hätte. Dies war aber nicht möglich. Ein Abschwenken von der Mohrenstraße via Hausvogteiplatz zur Niederwallstraße war wegen der engen Räumlichkeiten nicht möglich. So blieb kein anderer Weg, als bereits hinter dem Bahnhof Friedrichstraße (Stadtmitte) unter dem Gendarmenmarkt (1947 teilweise Schillerplatz???) hindurch zur Taubenstraße auszuweichen. So bestand die Möglichkeit geradlinig von der Taubenstraße in die Niederwallstraße durchzustoßen. Unterwegs konnte der Hausvogteiplatz relativ gradlinig unterquert werden. Relativ bedeutet, dass auch hier noch enge Kurven erforderlich waren und für den Bahnbau nur wenig Platz zur Verfügung stand. Im abknickenden Teil der Taubenstraße sollte darüberhinaus zusätzlich ein Haltepunkt eingegliedert werden. Dieser angedachte Bahnhof sollte den Namen Hausvogteiplatz bekommen.

Der Bahnhof Hausvogteiplatz
Dieser Bahnhof befindet sich unter der Taubenstraße und berührt am östlichen Ende den Hausvogteiplatz selbst. Aufgrund der Enge der Taubenstraße musste der Bahnhof so platzsparend wie möglich gebaut werden. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass der Bahnhof einen Bahnsteig von nur 5,95 Metern Breite erhielt. Am Ostende des Bahnhofes war eine scharfe S-Kurve erforderlich, um geradlinig die sehr schmale Niederwallstraße zu erreichen, für die eigens eine neuartige Tunnelkonstruktion (Mit seitlichen Stahlträgern) entwickelt wurde. Der Platz war so knapp, dass in der schmalen Vorhalle des Bahnhofes kein Fahrkartenschalter Platz fand. Er wurde daher auf der Platzanlage selbst als dekorativer Pavillion errichtet. Dieser von Grenander geschaffene sechs-eckige Pavillion befand sich baulich angrenzend am Treppenabgang zur östlichen Vorhalle.


Östlicher Zugang im Aufbauzustand im Juli 1982

Am 1. Oktober 1908 wurde die Strecke bis zum Spittelmarkt ihrer Bestimmung übergeben. Im Jahre 1912 war dieser Bahnhof, wie auch die gesamte übrige Spittelmarktlinie für einige Tage ausser Betrieb, da sie wegen des Wassereinbruchs hinter der Inselbrücke überflutet war.

Am 3. Februar 1945, als der schwerste Angriff auf Berlin stattfand, wurde der östliche Bahnhofsbereich mit dem Fahrkarten-Pavillion völlig zerstört. Die Schäden waren am Bauwerk so groß, dass für den Rest des Krieges hier keine U-Bahn mehr gefahren sein dürfte. Am 2. Mai wurde die Bahnhofsanlage, wie das Tunnelnetz in der ganzen Innenstadt überflutet, aufgrund der Tunnelsprengung bei der S-Bahn unter dem Landwehrkanal. Die Historiker sind sich nicht sicher, ob die Sprengung tatsächlich am Morgen des 2. Mai ereignet hat, oder ob es einen Tag früher war. Hier verweise ich auf das Buch "Die Flutung des Berliner S-Bahntunnels" von Karen Meyer (Vlg. GVE, 1992).

Als nach dem 4. Juni 1945 die Tunnel allmählich unter den primitivsten Umständen allmählich leergepumpt wurden, war in diesem Bereich eine Betriebsaufnahme längst nicht möglich: Die Zerstörungen waren zu heftig. Erst am 31. Juli konnte ein eingleisiger Pendelverkehr zwischen Stadtmitte und Märkischem Museum aufgenommen werden. Aufgrund der erheblichen Beschädigungen an diesem Bahnhof, war eine Eröffnung allerdings nicht möglich - die Züge oder korrekter: Der Zug fuhr ohne Halt durch.
Noch 1947 stand der Bau still, damals wurden die Baukapazitäten und Materialien an anderen U-Bahnstrecken benötigt. Nach 1948 wurde der Bahnhof wieder aufgebaut. Diese Bauarbeiten zogen sich über die Staatsgründung der DDR im Oktober 1949 hinaus, erst am 7. Januar 1950 wurde er wieder zur Benutzung freigegeben. Die Eröffnung des Bahnhofes ist nicht als vordringlich eingestuft worden, da der Bahnhof Stadtmitte nur rund 390 Meter entfernt ist - eine Distanz, die man bequem zu Fuß zurücklegen konnte.

Ausschnitt aus dem FALK-Plan Berlin 1947: U-Bhf. Hausvogteiplatz noch ausser Betrieb.
Die rot dargestellten Flächen zeigen recht deutlich, wie stark die Gegend im Krieg zerstört wurde. (grau schraffiert: teilzerstört, grau: intakt) Plan aus eigenem Bestand!

Ursprünglich hatte der Bahnhof lichtgraue Fliesen im Mauerwerksverband. Die rechteckigen Stationsschilder waren mit orange-gelben Fliesen umkleidet. In den 70ern allerdings erhielt der Bahnhof eine neue Fliesenverkleidung mit senkrecht angeordneten grauen Fliesen. Seither wirkt der farbenfrohe Bahnhof sehr eintönig. Die ursprüngliche Fliesenverkleidung kann man an den Stationshäuschen noch erkennen.


Eigene Graphik: Wandfliesen im Zustand 1908

1992 war diese Strecke für ein halbes Jahr gesperrt, da die Gleisanlagen überarbeitet werden mussten: Testfahrten mit A3-Zügen aus dem Westen haben ergeben, dass diese Züge im Gegensatz zu den hier bis dahin eingesetzten G-Zügen extrem entgleisungsgefährdet waren. Dies bewog die BVG, die Kurvenüberhöhungen abzuschwächen, was den Einbau neuer Gleise bedingte. Seit November 1993 ist die Linie A wieder Bestandteil des gesamten Berliner U-Bahnnetzes.


Westlicher Bahnhofzugang 1981 (beachte den schmalen Bahnsteiganfang)


Blick Richtung Westen Juli 1982

Im Jahre 2000/2001 wurde der östliche Zugangsbereich restauriert, allerdings verzichtete man auf den Wiederaufbau des alten Pavillions. In den Seitenwänden der Treppenabgänge wurden Schilder eingelassen, die die Namen von ehemals in dieser Umgebung ansässigen Unternehmen nennen. Vornehmlich waren dies Unternehmen der Bekleidungs- und Konfektionsbranche.

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