Berlins U-Bahnstrecken
Die U4 ist heute die kürzeste U-Bahnlinie und führt vom Nollendorfplatz bis zum Innsbrucker Platz. Somit ist dies eine reine Schöneberger U-Bahnlinie geblieben, die seit 1910 nie verlängert wurde. Die U4 ist 2,9 Kilometer lang und hat 5 Bahnhöfe.
Die Schöneberger
Untergrundbahn
Nollendorfplatz -
Innsbrucker Platz (Hauptstraße)
Am 1.Dezember 1910 wurde diese eigenständige U-Bahnstrecke in Betrieb genommen. Baubeginn war im Dezember 1908. Weder gleistechnisch noch besitzrechtlich hatte diese kleine U-Bahnlinie anfänglich etwas mit der Berliner Hochbahn zu tun. Nur aus späteren Kompatiblitätsgründen und der gesammelten Erfahrungen mit der Berliner Hochbahn entschloss sich die Firma Siemens, die technischen Parameter der Hochbahn für die Schöneberger U-Bahn zu übernehmen, was auf ausdrücklichen Wunsch der Stadt Schöneberg geschah. (Erst 1926 wurde eine Gleisverbindung zur Hochbahn hergestellt.)
Die Stadt Schöneberg konnte zu Recht behaupten, diese U-Bahn ohne Zuhilfenahme anderer Dienststellen oder der Hochbahngesellschaft selbst gebaut und finanziert zu haben. Am 1.Dezember 1911, also ein Jahr nach Betriebsaufnahme, gingen die Betriebsrechte vereinbarungsgemäß an die Hochbahn über. In der Folgezeit wollte die Stadt Schöneberg diese Strecke umfangreich erweitern: Im Norden sollte am Nollendorfplatz der sogenannte "Gemeinschaftsbahnhof" mit der zu bauenden "Entlastungsstrecke" der Hochbahn entstehen. Anschließend sollte die Strecke durch das Tiergartenviertel führend die Berliner Innenstadt erreichen und an der Beerenstraße den Endbahnhof erhalten. In Richtung Süden war eine Erschließung des damals noch unbebauten "Südgeländes" vorgesehen. Später dann nahm man eine Erweiterung bis nach Lankwitz in Aussicht. Vom Gemeinschaftsbahnhof am Nollendorfplatz abgesehen ist keine Erweiterung je gebaut worden.
Architektonisch sollte die Schöneberger U-Bahn in würdiger Weise die Finanzkraft und Unabhängigkeit gegenüber der Stadt Berlin bekunden. Die Bahnsteighallen wurden zwar nach einheitlichen Plänen gestaltet, die vermutlich von Friedrich Gerlach stammen. Gerlach orientierte sich in gewissen Punkten an Alfred Grenander bei dessen Bau der Spittelmarktlinie, denn auch Gerlach sah den U-Bahnhof als solchen nicht mehr nur als reinen Zweckbau und gab jeden Bahnhof eine gewisse Kennfarbe. In Fahrtrichtung Innsbrucker Platz waren dies die Farben Grün, Hellgrün, Blau, Türkies und Weinrot. Ganz anders dagegen die Zugangsbereiche: Sie wurden von verschiedenen Architekten geschaffen und passten sich den Örtlichkeiten, zumeist Schmuckplätzen, würdig an.
Die Schöneberger U-Bahn in einem "BVG-Liniennetz"
Stand: Oktober 1929
Die Schöneberger U-Bahn in einem BVG-Liniennetz
Stand: Oktober 1955
Die Bahnhöfe:
U-Bhf. Nollendorfplatz |
(Bahnhof existiert seit 1926 nicht mehr)
Unterpflasterbahnhof unter der Motzstraße mit Mittelbahnsteig und vorgelagerter Vorhalle. Überdachter Verbindungsgang zum gleichnamigen Bahnhof der Berliner Hochbahn. Die architektonische Ausgestaltung erfolgte in einfachster Weise wegen eines bereits damals geplanten Umbaus des gesamten Bahnhofes. Unter dem nördlichen Bahnsteiggleis verbarg sich bereits eine (mit Sand verfüllte) Rampe, die ein Zufahrtsgleis zum geplanten Gemeinschaftsbahnhof bieten sollte. Die Pläne für diesen behelfsmäßigen Bahnhof (Kennfarbe Grün) stammten von Friedrich Gerlach und Johannes Kraaz. Im Oktober 1926 wurde der Bahnhof geschlossen und durch einen Neubau ersetzt, wobei dieser Bahnhofsbereich derzeit als freier Streckentunnel dient.
Die steinerne Eingangsumwehrung des Zuganges dagegen wurde bereits wesentlich früher demontiert und weiterverwendet: Sie wurde vermutlich schon um 1915 abgebaut und zum damals neu zu eröffnenden U-Bahnhof Neu-Westend verbracht, wo sie noch heute auf dem Steubenplatz als Bahnhofszugang dient. Jener Bahnhof wurde, bedingt durch die Zeitereignisse, erst 1922 eröffnet.
Der Abriss der alten Eingangsumwehrung war erforderlich geworden, da sich dieses Zugangsbauwerk genau in der künftigen Streckentrasse zum Gemeinschaftsbahnhof befand, mit dessen Bau im Juli 1915 begonnen wurde. Folglich wurde dieser direkte Zugang vom Nollendorfplatz geschlossen. Seither dürften die Fahrgäste nur noch den halb unterirdischen Verbindungsgang zur Hochbahn genutzt haben, um den Nollendorfplatz zu erreichen. Es ist nämlich nicht überliefert, ob sich während der Bauphase ab 1915 im Motzstraßenbahnhof ein provisorischer Ersatz-Bahnhofszugang befand.
Um aber ein Erreichen des Bahnhofs während der Bauphase zu ermöglichen, ist vermutlich ganz bewusst und vorausschauend der unterirdische Verbindungsgang außerhalb der späteren Gleistrassen erstellt worden. Leider aber ist nicht überliefert, wann dieser Gang geschlossen und beseitigt wurde, auf jeden Fall aber erst nach 1924. Da dieser Gang nicht in der heutigen Gleistrasse liegt, scheint es durchaus denkbar, dass sich unterirdische Teile dieses Ganges noch heute hinter Tunnelwänden befinden und daher erhalten sind.
U-Bahnhof Nollendorfplatz
Aufnahme um 1914
Zugang zum Schöneberger Bahnhof in der Motzstraße
Der Eingang wurde wenig später beseitigt und in Neu-Westend wieder
aufgebaut.
Der Grund waren die U-Bahn-Bauarbeiten unter dem Nollendorfplatz ab Sommer 1915.
RECHTS:
Der selbe Eingang in späteren Jahren am U-Bahnhof Neu-Westend.
U-Bahnhof Nollendorfplatz
Aufnahme um 1910
Dieser Bahnhof war ab 1915 eine Baustelle und wurde schließlich 1926
geschlossen.
Dies ist heute der dreigleisige Tunnelabschnitt Richtung Viktoria-Luise-Platz.
U-Bhf. Nollendorfplatz |
U-Bahnhof Nollendorfplatz
Aufnahme um 1926
Neuer Gemeinschaftsbahnhof, hier die unterste Bahnsteigebene mit dem bis 1971
noch fehlenden Gleis in Richtung Innsbrucker Platz. Hier halten heute die Züge
der einsetzenden U1 nach Krumme Lanke.
Näheres zum
U-Bahnzugang des Schöneberger Bahnhofs
U-Bhf. Viktoria-Luise-Platz |
U-Bhf. Viktoria-Luise-Platz, Zugang von 1910
U-Bhf.
Viktoria-Luise-Platz
Bild: www.untergrundbahn.de
U-Bhf. Viktoria-Luise-Platz, Zugang Geisbergstraße, eröffnet 2003
Bild: Thomas Krickstadt
U-Bhf. Bayerischer Platz |
U-Bhf. Bayerischer Platz, oberer Bahnsteig (U4)
Bild: www.untergrundbahn.de
U-Bhf. Rathaus Schöneberg |
U-Bhf. Rathaus Schöneberg heute.
Die schönen alten Personenwaagen sind noch vorhanden, in Hamburg sind sie
längst verschwunden.
Bild: www.untergrundbahn.de
U-Bhf. Rathaus Schöneberg, hinterer Hallenbereich mit wieder freigelegten
Wandflächen...
Formell bis Mai 1951 gültiger Bahnhofsname, die Wände und alten Namen waren
viele Jahrzehnte weiß überstrichen
U-Bhf. Rathaus Schöneberg, mit neu gestalteten Zugang
U-Bhf. Innsbrucker Platz |
U-Bhf. Innsbrucker Platz
Bild: www.untergrundbahn.de
U-Bhf. Innsbrucker Platz
Betriebsabwicklung auf der Schöneberger U-Bahn
Zwischen 1910, also der Eröffnung, und Oktober 1926 wurde diese kleine U-Bahnlinie völlig autonom betrieben. Bis dahin besaß diese Linie keine Gleisverbindung mit der Berliner U-Bahn. Allerdings wurde der Betrieb bereits seit 1911 von der Hochbahngesellschaft geführt.
1926 schließlich wurde diese Linie mit Hilfe des neuen U-Bahnhofs Nollendorfplatz in das Berliner Streckennetz eingebunden und die Züge konnten ohne weiteres bis zur Warschauer Brücke durch fahren. Ab 1928 trug diese Zuggruppe die Bezeichnung B I. Nach dem Krieg aber blieb die B I auf den Schöneberger Abschnitt beschränkt. 1954 wurde die Linienbezeichnung in B II geändert, wobei der Streckenverlauf unverändert blieb. 1957 wurde die Zuggruppenbezeichnung in B III geändert, von nun an blieb diese Linie eine reine Schöneberger Linie, nur gelegentlich gab es durchfahrende Züge Richtung Warschauer Brücke. Die Bezeichnung blieb bis 1966 aktuell und wurde dann in "Linie 4" geändert. Technisch aber hätten die Züge noch bis 1971 Richtung Gleisdreieck weiterfahren können. In jenem Jahr wurden die Gleisanlagen am Nollendorfplatz dahingehend umgebaut, dass eine Weiterfahrt unmöglich wurde. Somit war die Linie 4 auf die alte Schöneberger Strecke begrenzt. Bei diesem Zustand ist es bis heute geblieben. Seit 1984 ist die Bezeichnung U4 üblich.
Aus Anlass einer Grundsanierung wurde die Linie 4 im Jahre 1977 komplett für ein halbes Jahr eingestellt. Am Viktoria-Luise-Platz wurde die Tunneldecke geöffnet, um die gesamten Gleisanlagen austauschen zu können.
Zwischen 1983 und 1988 wurde auf dieser Linie der vollautomatische U-Bahnbetrieb getestet. Zum Einsatz kamen entsprechend umgebaute U-Bahnzüge der Bauart A3L. Die Rechnerzentrale befand sich am Nollendorfplatz. Das von Standard Elektronik Lorenz (SEL) entwickelte System trug den Namen "SELTRAC" und wurde vom Bundesministerium für Forschung und Technologie gefördert. Es war eine Weiterentwicklung des seinerzeit auf der Linie 9 von Siemens eingesetzten LZB-Systems.
Streckendaten lt. BVG-Bauabteilung Erklärung
Nollendorfplatz Nm / Nu | -0,1 +25 / 1,7 +11 |
865 | |
Viktoria-Luise-Platz V | 0,7 +40 |
865 | |
Bayerischer Platz Bpo | 1,6 +05 |
703 | |
Rathaus Schöneberg RS | 2,3 +08 |
431 | |
Innsbrucker Platz Ipo | 2,7 +39 |
Innsbrucker Platz: Bauwerksende: 2,7 +88
Nollendorfplatz: Bauwerksgrenze 0,00 +0 (Ehemaliges Bauwerksende)
Bezeichnung: Strecke B I
Gebaut: 1908-10/1915-26
Gesamtlänge der Linie U4: 2,864 km
Nollendorfplatz - Innsbrucker Platz
Weitere Berichte über Abschnitte dieser kurzen Linie liegen nicht vor.
U4: Schöneberger Untergrundbahn |